Wien – Seit Wochenbeginn ist die "zeitnahe" Entscheidung über neue Mehrzweckhubschrauber für das Bundesheer im Gerede – doch mittlerweile tun sich hinter den Kulissen Zweifel auf, ob sich die drängende Angelegenheit nicht doch länger hinziehen könnte. Von "mangelnder Entscheidungsfreude" der ÖVP ist zu hören; ebenso davon, dass die türkise Kanzlerpartei, die auch Finanzminister und Verteidigungsministerin stellt, danach trachten könnte, die "Lebensdauer" der über 50 Jahre alten Alouette weidlich auszureizen, obwohl diese mit 2023 am Boden bleiben müssen.

Die betagten Alouette müssen mit 2023 am Boden bleiben.
Foto: APA / Bundesheer / Macher

FPÖ-Wehrsprecher Reinhard Bösch macht aus seiner "Skepsis", dass bis Herbst eine Typenentscheidung fällt, auch offiziell kein Geheimnis – er "bezweifelt stark", dass die von Klaudia Tanners Vorgänger Mario Kunasek (FPÖ) eingeleitete Beschaffung "bald auf Schiene ist".

Denn unter Türkis-Blau war der Kauf von einem Dutzend leichter Heereshelikopter samt drei neuen Black Hawks schon so gut wie beschlossene Sache – ein Government-to-Government-Geschäft im Wert von bis zu 400 Millionen Euro sollte es sein. Nun ist statt der US-Hubschrauber von sechs Trainingsgeräten die Rede. Fest steht jedenfalls, dass auch der Generalstab schon lange auf eine Entscheidung drängt.

Auch Neos-Wehrsprecher Douglas Hoyos spricht von einem "überfälligen" Beschluss – je länger man warte, desto teurer könnte es mit einem Ersatz für die Alouette kommen – wie einst vor der Landung der Eurofighter, als man auf ein Leasing mit der Schweiz als Zwischenlösung setzen musste.

Auch Airbus-Heli zur Auswahl

Konkret sollen Hubschrauber von drei Herstellern in der engeren Auswahl sein: Leonardo aus Italien, Bell aus den USA sowie Airbus – mit letzterem Konzern hat sich Tanner im Zuge der Causa Eurofighter überworfen, doch im STANDARD-Interview im Frühjahr betonte sie, dass sich Österreich bei jedweder Anschaffung an "den rechtlichen Vorgaben des Unionsrechts zu orientieren" habe – und da sei schon klar, "dass man nicht ein Unternehmen aus dem Vergabeprozess ausschließen" könne, denn: "Dazu würde es eines rechtskräftigen Urteils bedürfen."

Zuletzt heizte der Wien-Besuch von US-Außenminister Mike Pompeo Gerüchte an, dass dabei für Bell lobbyiert worden sei. Und Hoyos gibt wiederum zu bedenken, dass der AW169 von Leonardo nicht gerade – wie anvisiert – "ein leichter Mehrzweckhubschrauber" sei.

Im Finanzressort weist man strikt zurück, dass es Corona-bedingt aus Budgetknappheit zu Verzögerungen komme. Doch ähnliche Zusicherungen gab es schon, ehe Tanner ihre Entscheidung über Wohl und Wehe der Eurofighter zur Jahresmitte flugs verschoben hat. (Nina Weißensteiner, 20.8.2020)