Lewis Hamilton in komfortabler Position.

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Spa-Francorchamps – Lewis Hamilton rast scheinbar unaufhaltsam weiteren Formel-1-Rekorden entgegen. Der Brite hält nach seinem Start-Ziel-Sieg in Spa-Francorchamps bereits bei 89 Grand-Prix-Triumphen. Damit fehlen ihm nur noch zwei auf Rekordmann Michael Schumacher, der insgesamt sieben Mal Weltmeister wurde. Die Egalisierung dieser Titelzahl scheint für Hamilton angesichts seiner Dominanz nur noch Formsache.

Komfortabler Vorsprung für Hamilton

Nach dem fünften Sieg im siebenten Saisonrennen beträgt sein Vorsprung auf den ersten Verfolger, Red-Bull-Jungstar Max Verstappen, bereits 47 Punkte. "Ich hoffe, dass die Fans und Leute letztendlich verstehen, dass dies nicht unsere Schuld ist", entschuldigte sich Hamilton schon fast für seine Überlegenheit im Belgien-Grand-Prix. "Letztendlich sind es die Entscheidungsträger, die die Autos entwerfen und Regeln festlegen", ergänzte der 35-Jährige mit Verweis darauf, dass er und sein Mercedes-Rennstall "letztendlich einen besseren Job" als die Konkurrenz machten.

68 Siege hat Hamilton nun schon mit dem deutschen Werksteam eingefahren, fünf der jüngsten sechs WM-Titel gingen an den Engländer, der erstmals 2008 in einem McLaren-Mercedes Champion geworden war. Und der Konstrukteursweltmeister heißt seit 2014 Mercedes. Diese Dominanz des vom Wiener Toto Wolff geleiteten Rennstalls wird auch wohl noch nächstes Jahr anhalten, denn erst 2022 kommt es zur großen Regelreform in der Königsklasse, die wieder für mehr Spannung sorgen soll.

Katastrophale Performance von Ferrari

Besonders schlimm ist das aktuelle Kräfteverhältnis für das Traditionsteam Ferrari. "Wir sind enttäuscht und wütend, genauso wie es zurecht unsere Fans sind", sprach Teamchef Mattia Binotto nach dem punktlosen Debakel von Belgien Klartext. Der 50-Jährige musste sich auch mehr denn je die Frage gefallen lassen, ob er noch geeignet ist, die berühmte Scuderia aus der Krise zu führen. "Ob ich noch der richtige Mann bin, kann ich nicht beantworten", meinte Binotto, das müssten andere.

Sebastian Vettel und Charles Leclerc in aussichtsloser Lage.
Foto: EPA/ John Thys / Pool

Fakt ist, dass Ferrari ein erschreckendes Bild abgibt und die Plätze 13 für Sebastian Vettel und 14 für Charles Leclerc in Belgien keine Verkettung unglücklichster Umstände waren, sondern schlichtweg dem Leistungsstand entsprachen. Sogar im Live-Ticker der Formel 1 fiel die Bilanz verheerend aus: "Nicht mal mehr die Fahrer verstehen das Auto. Helfen wird das nicht."

Spott und Hohn

Noch härter gingen naturgemäß die italienischen Medien mit Ferrari ins Gericht."Der Albtraum geht nie zu Ende", schreibt die Gazzetta dello Sport: "Der Weg nach Monza gleicht einem Kreuzweg." Der Corriere dello Sport fordert: "Es reicht! Gebt uns Ferrari zurück!", Tuttosport verhöhnt das "Desaster Ferrari", und La Stampa titelt: "Rote Schande!" Frankreichs Sportbibel L'Equipe mutmaßte gar, bei Ferrari müsse man sich das ganze Wochenende über vorgekommen sein "wie auf einer Sträflings-Galeere".

Dass sich die Situation nun ausgerechnet am kommenden Wochenende beim Heimspiel in Monza verbessert, ist nicht nur fraglich, sondern ganz einfach ausgeschlossen. Der Kurs im Königlichen Park ist wie Spa eine Highspeed-Strecke und bietet keine Chance für ein Team, dessen Autos 2020 im Gegensatz zum vergangenen Jahr langsamer geworden sind. Als einzige übrigens, selbst ein Hinterbänkler-Team wie Williams hat sich um ein paar Hundertstel verbessert.

Trendumkehr nach Schummelvorwürfen

Woran das genau liegen könnte, spricht in der Formel 1 niemand so richtig offen aus. Noch vor zwölf Monaten hatte Charles Leclerc in Spa und Monza gewonnen, er war förmlich geflogen, selbst Mercedes kam nicht an die Ferrari heran. Danach tauchten Schummelvorwürfe auf, der Weltverband FIA leitete Untersuchungen ein und gab anschließend neue Motoren-Richtlinien heraus. Seitdem fährt Ferrari hoffnungslos hinterher.

Die Konkurrenz ist weit davon entfernt, schadenfroh zu sein. "Zu sehen, wo die da rumfahren, ist schlecht für die gesamte Formel 1", sagte Mercedes-Teamchef Toto Wolff bei Sky: "Ferrari ist ein ikonisches Team, aber sie müssen sich an die eigene Nase fassen und sehen, wo sie die Konkurrenzfähigkeit liegengelassen haben."

Und nun also Monza, ausgerechnet Monza. Die Bilder der Tifosi, die nach den Rennen die Start-Ziel-Gerade rot einfärben, sind legendär, in diesem Jahr wird es sie nicht geben. Gut für Ferrari, glaubt der Londoner Guardian: "In Monza wird die Abwesenheit der Tifosi ein Segen für das Team sein." (APA, Reuters, sid, red, 31.8.2020)