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Internationale Konzerne und Versandhändler sollten für die Krise zahlen, meinen die Österreicher.

Foto: REUTERS/Kevin Mohatt

Linz – Noch ist nicht absehbar, wie viel die Corona-Krise letztendlich kosten wird – aber die österreichischen Wahlberechtigten machen sich schon recht konkrete Gedanken darüber, wer das Geld aufbringen soll: Nach Möglichkeit andere. Aber dass das nicht reichen wird, ist einer relativen Mehrheit von 43 Prozent bewusst: Das ist der Bevölkerungsanteil, der erwartet, durch höhere Steuern zur Finanzierung der Corona-Krise betroffen zu sein. 38 Prozent – eher jüngere und weniger gebildete Befragte mit geringerem Einkommen – erwarten, nicht betroffen zu sein. Weil sich in dieser Gruppe auch viele FPÖ-Wähler befinden, ist in der gesamten FPÖ-Wählerschaft die Hoffnung verbreitet, dass der Kelch an den einzelnen FP-Wählern vorbeigehen könnte.

Konzerne, bitte zur Kassa!

Internationale Konzerne stehen an erster Stelle der Kandidatenliste für höhere Besteuerung. Mehr als die Hälfte der Befragten will sie unbedingt zur Kassa bitten – 56 Prozent Einser auf einer fünfstufigen Notenskala, nur sieben Prozent geben einen Fünfer, Durchschnittsnote: 1,81. An zweiter Stelle kommen Manager mit der Durchschnittsnote 1,96.

Das geht aus einer aktuellen Umfrage des Linzer Market-Instituts unter 810 repräsentativ ausgewählten Österreicherinnen und Österreichern hervor.

Dabei zeigt sich, dass eine hohe Akzeptanz der Besteuerung von Luxusgütern (Note 1,97) besteht, etwas geringer fällt die Zustimmung zur Höherbesteuerung von Tabakprodukten (Note 2,19) und Agrarimporten (Note 2,37) aus. Höhere Tabaksteuern sind ein Wunsch vor allem älterer Befragter, während sie von Anhängern der FPÖ und von politisch Unentschlossenen weitgehend abgelehnt werden.

Auch Flugreisende und Versandhändler sollten nach Meinung der Mehrheit der Befragten mehr zahlen – hier gibt es aber schon deutlich weniger volle Zustimmung (27 beziehungsweise 33 Prozent Einser) – es fällt auf, dass Berufstätige wesentlich weniger geneigt sind, hier besondere Belastungen vorzusehen.

Das richtige "Mascherl" für Steuern

Knapp die Hälfte der Befragten vergibt der Idee, den CO2-Ausstoß zu besteuern, einen Einser oder Zweier, (Durchschnittsnote 2,62). Market-Institutsleiter David Pfarrhofer: "Es macht einen großen Unterschied, welches 'Mascherl' man einer Steuer verpasst. Sagt man, dass man CO2 besteuern will, bekommt man viel mehr Zustimmung, als wenn man ‚Verbraucher von fossiler Energie‘ besteuern will, was dasselbe besagt. Und wenn man konkret Autofahrer als Subjekte der Besteuerung nennt, stößt man auf breiteste Ablehnung."

Apropos Ablehnung: Dass Konsumenten die Rechnung für Corona zahlen sollen, bekommt von jedem Zweiten einen Fünfer, nur jeder hundertste Befragte ist dafür, Durchschnittsnote 4,23. Ganz schlecht sind auch die Noten für eine höhere Besteuerung von Haus- und Grundstücksbesitz (Note 3,78), für eine Internetsteuer (3,74) oder höhere Besteuerung von Kapitalerträgen (3,52). Im Mittelfeld liegen Steuern auf Einkommen über dem Durchschnittseinkommen (2,94), Unternehmer (3,02) sowie Erbschaften und Schenkungen (3,24). Im letzten Punkt antworten die Befragten entlang der Linien der Parteien, die sie wählen: Sozialdemokraten und Grüne sind dafür, Wähler von ÖVP und FPÖ klar dagegen.

So viel zur Einnahmenseite.

Soziale Umverteilung bei den Staatsausgaben

DER STANDARD ließ aber auch fragen, welche Staatsausgaben denn gefühlsmäßig richtig sind und welche eher nicht. Market legte dazu eine Liste mit 33 Punkten vor und fragte, "ob Sie ein gutes Gefühl haben, dass dafür Steuergeld ausgegeben wird, oder ob Sie als Steuerzahler da eher ein ungutes Gefühl haben".

Die höchste Zustimmung – von 79 Prozent der Befragten – gab es für die Staatsaufgabe, nach Katastrophen zu helfen. Ebenfalls ganz oben auf der Liste (und im Bereich der statistischen Schwankungsbreite) liegen die Punkte "Investitionen in neueste medizinische Ausrüstung" (76 Prozent), "Ausbildung für junge Menschen an Schulen" (75 Prozent) und "Pflege von Senioren" (74 Prozent).

Auffallend ist, dass im weitesten Sinn dem sozialen Ausgleich dienende Staatsausgaben deutliche Mehrheiten bekommen, während Investitionen (außer jenen im Gesundheitsbereich) im allgemeinen Verständnis derzeit weniger Bedeutung haben dürften.

So kommt der Bau von Straßen und Tunneln, in früheren Krisen als wesentlicher Impulsgeber für die Konjunktur gesehen, mit 58 Prozent zurzeit nur auf den neunten Platz. In einer Vergleichsumfrage im Jahr 2014 hatten noch 64 Prozent ein gutes Gefühl beim Straßen- und Tunnelbau.

Die Förderung von Unternehmen gab vor sechs Jahren noch 59 Prozent ein gutes Gefühl, jetzt sind es nur noch 50 Prozent.

Auch in diesem Punkt sind die Anhänger unterschiedlicher Parteien ganz unterschiedlicher Meinung. Sieben von zehn ÖVP-Wählern und sechs von zehn Grünen-Wählern fühlen sich gut, wenn Unternehmen gefördert werden. Dagegen haben zwei Drittel der FPÖ-Wähler und knapp jeder zweite SPÖ-Wähler ein ungutes Gefühl dabei.

Ungeliebte Bankenrettung

Ein Blick an den unteren Rand der Tabelle zeigt, in welche Bereiche die Österreicherinnen und Österreicher ihr Steuergeld gar nicht gern fließen sehen.

Ein ganz ungutes Gefühl haben die Befragten, wenn es darum geht, Banken in Notsituationen zu unterstützen. Market-Experte Pfarrhofer: "Bankenrettungen haben ein ganz, ganz schlechtes Image, das war schon 2014 so. Damals haben 78 Prozent gemeint, dass sie quasi Bauchweh haben, wenn man Banken rettet, jetzt sind es immer noch 64 Prozent. Nur 23 Prozent finden es gut, wenn Banken in Not mit Steuergeld unter die Arme gegriffen wird."

Ähnlich (und gegenüber 2014 unverändert) unbeliebt sind die Auslandseinsätze des Bundesheeres: Nur 24 Prozent haben ein gutes, aber 61 Prozent ein schlechtes Gefühl dabei, dass dafür Steuergeld fließt.

Wenig Sympathie für Flüchtlingsaufnahme

Erst recht unbeliebt ist die internationale Solidarität, wenn es um die Aufnahme von Flüchtlingen geht: Dabei hatten im Oktober 2014 (also vor den Migrationsbewegungen von 2015) noch 40 Prozent ein gutes Gefühl – jetzt ist der Wert auf 31 Prozent gesunken. Dafür ist das "ungute Gefühl" von 48 auf 57 Prozent angestiegen (die restlichen zwölf Prozent machen dazu keine Angaben).

Wenn es um die Aufnahme von Flüchtlingen geht, sind die Mehrheiten in der Bevölkerung sehr ungleichmäßig verteilt: Befragte unter 30 Jahren haben mehrheitlich ein gutes Gefühl dabei, mit dem Alter steigt die Ablehnung. Und: Nur erklärte Grünen-Wähler sind mehrheitlich dafür, diese allerdings mit einer deutlichen Mehrheit von etwa 70 Prozent. (Conrad Seidl, 28.9.2020)