Die Designerin Louisa Köber und ein Fahrrad, das sie sich während des Lockdowns selber zusammengebaut hat.

Foto: Nathan Murrell

"Im Frühjahr, als der Lockdown kam, war ich noch als selbstständige Designerin beschäftigt. Ich habe mich hauptsächlich mit dem Entwerfen von Tableware und Möbeln auseinandergesetzt. Zu meinen Entwürfen zählen auch Kleiderbügel, ein Fächer, Verpackungen, Stadtmobiliar, Taschen, Garderoben und sogar eine Schaukel.

Die große Unsicherheit, die mit dem Virus kam, hat mich nach einigem Hin und Her im Frühjahr dazu bewogen, bei der Hightechfirma Lewitt zu unterschreiben, bei der ich nun als fixangestellte Industriedesignerin arbeite.

Wir produzieren Studiomikrofone und Aufnahme-Equipment, das Headquarter befindet sich in Wien, ein Drittel des Teams sitzt in China. Das Unternehmen sieht sich ein Stück weit als Erbe des österreichischen Traditionsbetriebs AKG, der von Samsung geschluckt wurde. Ich bin für den Entwurf zuständig, beschäftige mich mit Materialien, bereite Produkte für Präsentationen vor et cetera. Dabei arbeite ich eng mit Elektronikern und Tontechnikern zusammen. Woran ich im Moment ganz konkret tüftle, darf ich leider nicht verraten.

Mit Grenzen umgehen

Ich würde nicht sagen, dass mich die Produktrange im Vergleich zu meinen anderen, früheren Formenwelten einschränkt. Es ist für mich eher eine Herausforderung, mit solchen Grenzen umzugehen.

Wobei wir auch schon wieder beim Thema Corona landen, denn ich denke, dass uns diese Krise viele Grenzen ins Bewusstsein gebracht hat. Ich spreche aber nicht nur von Grenzen zu anderen Ländern oder von der Abhängigkeit von Produktionsstätten im Ausland.

Mir geht es im Zusammenhang mit den Erfahrungen, die wir alle machten, um eine Rückbesinnung, eine Sinnfrage, die sich natürlich auch auf die Welt des Designs auswirkt. Im Großen wie im Kleinen.

Mobilität

Die meisten Menschen lieben schöne, gut gemachte Dinge, sie nähren uns ja auch ein Stück weit in unserem Alltag. Die Frage lautet nun: Wie kann man diese Schönheit auch Dingen zuteilwerden lassen, die uns länger begleiten sollen?

Denken Sie nur an das Thema Mobilität. Ich habe zum Beispiel während des Lockdowns ein Fahrrad aus diversen Teilen zusammengebaut und dann den Verkehr auf Wiens Radwegen beobachtet. Dabei ist mir der Gedanke gekommen, dass die Menschen unabhängiger sein wollen.

Ich denke, dass Upcycling verstärkt zum Thema wird und sich Leute vermehrt Fragen stellen wie ‚Wie viel Paar Schuhe brauch ich wirklich?‘. Insofern sollten auch Designer verstärkt mit Dingen arbeiten, die bereits vorhanden sind.

Ich kann mir durchaus vorstellen, dass uns die Erfahrungen dieses Jahres ein Stück weit von der Globalisierung und der Wegwerfgesellschaft wegführen und uns eben bewusster mit Dingen umgehen lassen.

Ebenfalls wage ich die Prognose, dass Dinge des Alltags künftig einen besseren Auftritt in der digitalen Welt haben werden. Das heißt, wir können zum Beispiel ein Möbelstück online dreidimensional betrachten und auch mehr über Materialien und Farben erfahren. Zum Teil ist das ja schon möglich. Produkte werden verstärkt digital erlebbar werden.

Das wird sich auch auf Dinge wie Messen auswirken. Ob es die Mailänder Möbelmesse mit ihren fast 400.000 Besuchern in Zukunft noch in der ursprünglichen Form geben wird, wage ich jedenfalls zu bezweifeln. Und damit bin ich sicher nicht allein." (Michael Hausenblas, RONDO, 9.10.2020)