Das Verhältnis zwischen Birgit Hebein und Michael Ludwig ist nicht das beste.

Foto: APA/Fohringer

Es ist ein ganz offenes Liebäugeln, gar ein Zurschaustellen, was die Wiener SPÖ gerade betreibt. Die Neos als neuer, kleinerer Koalitionspartner sind für viele Rote attraktiv. Attraktiver jedenfalls, als das zehnjährige Bündnis mit den Grünen fortzusetzen, das in letzter Zeit ein bisschen eisig geworden ist.

Das sprechen auch immer mehr Genossen ganz offen aus. Nach dem roten Bezirksvorsteher der Donaustadt Ernst Nevrivy zog nun der designierte Bezirkschef des Zweiten nach. Alexander Nikolai könnte sich mit den Pinken ein gutes Krisenmanagement anstatt der Pop-up-Politik mit den Grünen vorstellen. Und auch Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) zeigt sich nicht abgeneigt.

Getuschel

Während bei den Grünen in den ersten Tagen nach der Wahl der rote Flirt mit den Pinken noch als Koalitionstaktiererei des Bürgermeisters abgetan wurde, wächst nun die Sorge, Ludwig könnte es ernst meinen mit den Neos. Daraus resultiert auch das erste Post-Wahl-Getuschel. Was – oder vielmehr wer – das rot-grüne Band schlussendlich zum Reißen bringen könnte, wird hinter vorgehaltener Hand diskutiert. Die Antwort ist schnell gegeben, die Schuldige gefunden: Ludwig könne nicht mit seiner aktuellen grünen Stadtvize Birgit Hebein.

Darauf angesprochen sagte Ludwig am Mittwoch, er habe zu allen Parteienvertretern ein professionelles und "nicht zwingend emotionales" Verhältnis. Doch für viele ist der Bruch in der Koalition in Wahrheit gar kein rot-grüner, sondern einer von Ludwig mit Hebein. So einfach diese Antwort klingen mag, so einfach ist auch für manche die Lösung: Würde Hebein ausgetauscht, wäre Ludwig wohl offener für eine dritte Runde Rot-Grün, lautet die Spekulation. Doch wer könnte Hebein an der Spitze ablösen und vor allem – wie?

Zögerliche Kandidatur

Hebein hat bei dieser Gemeinderatswahl als Spitzenkandidatin mit 14,8 Prozent das historisch beste Ergebnis der Wiener Grünen erreicht, obwohl sie erst seit Juni 2019 die Stadtvize gibt. Ins Amt der Vizebürgermeisterin kam sie für viele allerdings überraschend: Nach dem Rückzug Maria Vassilakous ließ sie sich viel Zeit, um ihre Grünen-interne Kandidatur zu verkünden. So wurde gemunkelt, sie sei überredet worden, damit sich eine Frau bewirbt. Wahlberechtigt bei den Grünen waren 2018 rund 2600 Personen, die in einem komplizierten Wahlverfahren neben Erst- auch Zweit- und Drittstimmen vergeben konnten. Hebein setzte sich erst in der letzten Runde knapp durch.

Bis dahin lag Planungssprecher Peter Kraus vorn. Bei der grünen Landesversammlung im Februar setzte sich Kraus gegen Klubchef David Ellensohn im Kampf um Platz zwei durch, hat also auch zwei Jahre nach der Spitzenwahl eine große Anhängerschaft bei den Grünen. Für Kraus könnte sich durch Ludwigs Antipathien für Hebein eine neue Chance auftun.

Aber auch ein anderer Name wird immer wieder genannt: Markus Reiter. Der Bezirksvorsteher des Siebenten fuhr das beste grüne Ergebnis der Stadt (29,8 Prozent) und der Bezirke (44,9 Prozent) ein.Allerdings haben die Grünen fast ein Jahr nach ihrer Chefin gesucht, die Basis hat sie gewählt. Was bei den Grünen viel wiegt. Es bräuchte also zumindest eine andere, nicht unbedeutende Rolle für Hebein bei den Grünen. Die der ersten Parteichefin besetzt Hebein bereits. Davor gab es die Funktion offiziell nicht. (Oona Kroisleitner, 14.10.2020)