Foto: Imago/ irina polonina

Pro
von Siegfried Lützow

Wer meint, der Schlafphasenwecker zähle zu den unnützen Erfindungen vom Kaliber der Ohrentrompete, die es ermöglicht, Gespräche hinter dem eigenen Rücken zu belauschen, der hat sich natürlich gewaltig geirrt. Das schlaue Gadget kann tatsächlich etwas.

Nicht nur, dass es uns weckt, wenn wir eigentlich schon wach sind, und damit unglaublich viel wertvolle Lebenszeit dem beklagenswert unproduktiven Darniederliegen entreißt. Der Schlafphasenwecker bewahrt auch vor den grottigsten Träumen. Die pflegen sich just dann einzustellen, wenn man, von Aurora im Grunde schon wachgeküsst, noch einmal tief hinabsinkt in Morpheus’ Arme.

Der wohnt wie die anderen Traumdämonen in der Höhle seines Vaters Hypnos. Dort lungern auch die Alben herum, jederzeit bereit, sich einem druckvoll auf die Brust zu fläzen. Ein Nachtmahr am Morgen versaut dann zuverlässig den restlichen Tag. Der Schlafphasenwecker kann’s verhindern!

Kontra
von Antonia Rauth

Der Markt zur Selbstoptimierung kennt keine Grenzen. Neben der Fitness-Uhr und dem Kalorientracker soll nun auch noch ein smarter Wecker bei uns einziehen. Dazu sage ich: nicht im Traum! Dass die übertriebene Beschäftigung mit Grundbedürfnissen zu einem erst recht gestörten Verhältnis dazu führen kann, zeigen Essstörungen wie die Orthorexie, bei der gesunde Ernährung zur Obsession wird. Da immer mehr Menschen ihr gestörtes Essverhalten erkennen, heißt der neueste Trend "Intuitiv Eating" – intuitives Essen. Beim Thema Ernährung wurden wir also schon so manipuliert, dass "Essen, was man will" zum neuesten Absatzposten wurde.

Braucht der Markt deshalb ein neues Grundbedürfnis, das er ausschlachten kann? Ein Wecker, der unseren Schlaf optimiert, klingt aufs Erste großartig. Doch wie bei einer neuen Diät hören wir damit auf eine fremde Expertise anstatt auf uns selbst. Machen wir diesen Trend nicht mit – lassen wir uns den Schlaf nicht auch noch rauben! (RONDO, 23.10.2020)