Es ist ein Sinnbild für die Bezirkspolitik der vergangenen Jahrzehnte. Die Wiener Lerchenfelder Straße dient als Grenze zwischen siebten und achten Gemeindebezirk. Und sie bildet eine Trennlinie, an der sich sehr deutlich der Unterschied einer rund 20-jährigen grünen Bezirksvorstehung zur türkisen – lange schwarzen – zeigt.

Zwei grüne Bezirkschefs an der Grenze: Markus Reiter aus Neubau (links) und Martin Fabisch (rechts).
Foto: Matthias Cremer

Folgt man der Lerchenfelder Straße stadtauswärts, säumen links – auf der Seite des Siebenten – Bäume den Weg, rechts liegen Parkplätze, Grün findet man im Teil der Josefstadt nur in Blumenhandlungen.

An Fußgängern rauschen auch in Zeiten des Lockdowns Autos, Straßenbahnen und Radfahrer vorbei. Es ist laut: Bims klingeln bei den Stationen, Mopeds und Autos lassen an der Ampel ihre Motoren aufheulen. Die Lärmkarte des Umweltministeriums weist die Lerchenfelder Straße als lauteste Straße im siebten Bezirk aus. Mit mehr als 75 Dezibel liegt sie in derselben Kategorie wie der Gürtel. Denn wenn es schnell raus aus der oder rein in die City gehen soll, weicht der Verkehr von Neubau nach Lerchenfeld aus. Schließlich gilt im Siebenten auf den Verkehrsadern, die Ring und Gürtel verbinden, Tempo 30. Nur wenige Meter weiter nördlich kommt man mit 50 Stundenkilometern weit flotter voran. Bis zu 9000 Kfz werden laut Bezirk pro Tag gezählt.

Türkis wird Grün

Dieses Bild soll bald der Vergangenheit angehören. Mit Martin Fabisch wurde im Oktober ein grüner Bezirksvorsteher für den Achten gewählt. Er löst die türkise Bezirkschefin Veronika Mikl ab. Im Wahlkampf erregte sein Team mit einem Projekt besonderes Aufsehen: der Umgestaltung der Josefstädter Straße in eine Begegnungszone.

Wenige Wochen nach der Wahl hat Fabisch gemeinsam mit seinem Parteikollegen, dem Neubauer Bezirksvorsteher Markus Reiter, weitere, die beiden Stadtteile vereinende Pläne geschmiedet: Die Lerchenfelder Straße soll umgestaltet werden. Es brauche mehr Aufenthaltsqualität, Platz für Radler und Fußgänger. Kurz: Verkehrsberuhigung.

Trennlinie soll verbinden

"Die Trennlinie der beiden Bezirke soll eine Verbindung werden", betont Fabisch: "Wir haben jetzt die Chance, eine starke Allianz innerhalb des Gürtels zu schmieden." Die Coronavirus-Krise habe gezeigt, wie wichtig hochwertig gestalteter, öffentlicher Raum sei, wo Platz zum Flanieren ist. Ziel sei es, so die lokale Wirtschaft zu stärken und die Lebensqualität der Bewohner zu erhöhen. Jeweils rund 2000 Bewohner zählt die Lerchenfelder Straße auf ihren zwei Bezirksseiten.

Im ersten Schritt wolle man auf Begrünung der Straße setzen. "Wir haben diesbezüglich im Achten ein sichtbares Defizit gegenüber dem Siebenten", sagt Fabisch. Und: Beide Bezirksparlamente haben sich für die Reduzierung auf Tempo 30 ausgesprochen – nicht nur in Lerchenfeld: "Flächendeckend Tempo 30 im achten Bezirk" – das will der designierte Bezirksvorsteher Fabisch.

Bauliche Maßnahmen

In einem zweiten Schritt sollen auch bauliche Maßnahmen gesetzt werden. Von 2004 auf 2018 stieg die Zahl der Passanten – laut einer Bezirkszählung –, die sich an einem Samstag auf der Lerchenfelder Straße aufhielten, von 3000 auf 5000 Personen. Die Gehsteige sollen darum breiter werden, kühlende Maßnahmen Einzug halten.

Fabisch und Reiter wollen die Lerchenfelder Straße angehen. Wenn die Infrastruktur in den nächsten Jahren erneuert wird, könnte eine Begegnungszone entstehen.
Foto: Matthias Cremer

In den kommenden zwei Jahren müsste dann die Infrastruktur erneuert und die Straße aufgegraben werden. "Wiener Wasser wird kommen, wir können davon ausgehen, dass sich auch andere Projekte der Daseinsvorsorge dem anschließen", sagt Reiter: "Das gibt uns die Chance, mutige Schritte zu setzen." Denn genau für diese "mutige Politik", sagt Reiter, sei er auch als Bezirkschef bestätigt worden. In Neubau konnten die Grünen nicht nur das beste Bezirksergebnis einfahren, sondern auch auf Stadt-Ebene.

Wie diese aussehen könnten? Die Lieblingsvariante der zwei Bezirkschefs ist eine Begegnungszone – zumindest in einem Teil der Lerchenfelder Straße. Gleiches fordert bereits eine Bürgerinitiative. Starten könnte die verkehrsberuhigte Zone nach dem Vorbild der Wiener Mariahilfer Straße auf Höhe der Langegasse (achter Bezirk). Enden sollte sie an der Ecke Neubaugasse (siebenter Bezirk). Beide Quergassen sind bereits zum Teil Begegnungszonen. Jene in der Neubaugasse soll im nächsten Jahr bis zur Lerchenfelder Straße verlängert werden.

Stadt und Bezirk

Nach dem Koalitionsende auf Stadtebene stelle sich auch die Frage, "was der Beitrag der Grünen in den kommenden fünf Jahren ist", sagt Reiter. In den von den Grünen regierten Bezirken könne man der Bevölkerung zeigen, dass, "wenn Grüne regieren, sie viel voranbringen und umsetzen", sagt Reiter. (Oona Kroisleitner, 26.11.2020)