Noch ist es recht leer in der Wiener Messehalle, doch noch diese Woche sollen dort die Massentests durchgeführt werden.

Foto: Christian Fischer

Massentests sind unabdingbar – darin sind sich jene Experten und die Expertin, die am Montag im Bundeskanzleramt sprachen, einig. Und zwar nicht nur einmal, sondern im Idealfall häufiger. Möglich wäre etwa eine weitere Testung vor und eine kurz nach Weihnachten, heißt es in der Runde.

Dazu, warum das Infektionsgeschehen in Österreich derart außer Kontrolle geriet, fand Oswald Wagner, Leiter des klinischen Instituts für Labormedizin am Wiener AKH, recht klare Worte: Mit allem, was bisher in Österreich unternommen wurde, um das Virus einzudämmen, sei man in "absolutes und unverantwortbares Chaos" gestürzt.

Er meinte aber auch, dass bisher jedes Mittel in seiner "Effektivität beschädigt wurde, weil falsche Experten Stellung nahmen" – etwa als in der Maskendebatte recht schnell Stimmen laut wurden, die meinten, eine Maske könne die Infektionsgefahr sogar erhöhen, oder indem zum Thema Apps prompt Datenschutzbedenken laut wurden. Allerdings: So zweifelhaft waren die Experten zum Teil nicht, selbst die WHO und das Robert-Koch-Institut zweifelten im Frühling an der Sinnhaftigkeit von Masken. Wie dem auch sei: An einem Massentest führe nun "nichts vorbei, das ist quasi alternativlos", sagte Wagner. Würde man weitermachen wie bisher, bräuchte man wohl "alle drei Monate einen Lockdown".

Massentests billiger als Lockdown

Denn, so sagte der ebenfalls anwesende Komplexitätsforscher Stefan Thurner, selbst mehrere Massentests seien immer noch günstiger als ein Tag im Lockdown. Wobei das mit dem Wiederholen so eine Sache sei. Zahlreiche Expertinnen und Experten kritisierten in den vergangenen Tagen, das Problem mit Antigentests sei, dass sie bei manchen Infizierten noch nicht anschlagen. Daher müsste man im Abstand einiger Tage weitere Massentests machen.

Ursula Wiedermann-Schmidt, Leiterin des Instituts für Spezifische Prophylaxe an der Med-Uni Wien und ebenfalls am Expertentisch im Kanzleramt, meinte, kurz vor und kurz nach Weihnachten wären gute Zeitpunkte für weitere Tests. Das wäre etwa in besonders betroffenen Regionen sinnvoll – denn für mehrere bundesweite Durchgänge, so sagte Wagner, sei der Aufwand schlicht zu groß, auch die Bereitschaft in der Bevölkerung "wird nicht ewig da sein".

Und, so warf Komplexitätsforscher Thurner ein, eine mehrmalige Massentestung bräuchte man nur dann, wenn man das Virus ausrotten wollen würde. Nun gehe es aber darum, Zeit zu gewinnen. Thurner rechnet damit, dass wenn beim kommenden Massentest zwei Drittel der Bevölkerung mitmachen, etwa 90.000 unentdeckte Fälle zutage gefördert werden können. "Und das ist schon was", meint er.

Falsche Ergebnisse

Dazu, dass es auch falsch-positive Testergebnisse geben könne, meinte Thurner, das müsse man nun einmal in Kauf nehmen, die müssten dann "halt in Quarantäne, obwohl sie es nicht haben". Wobei positive Antigentests im Zuge des Massentests validiert werden – entweder durch einen zweiten Antigentest oder durch einen PCR-Test.

Im Vorfeld wurde aber auch kritisiert, dass falsch-negative Ergebnisse die Getesteten in falscher Sicherheit wiegen könnten. Wagner meint, das könnte etwa fünf bis zehn Prozent der getesteten und eigentlich infizierten Personen betreffen. Da müsse klar sein, dass ein negatives Testergebnis kein Freifahrtschein sei, dennoch müsste man sich weiter an Maßnahmen, etwa das Maskentragen, halten. Und: "Heute negativ zu sein kann bedeuten, dass man morgen positiv ist", so Wagner. (elas, 30.11.2020)