Der Aufbau des Lazaretts in der Wiener Messehalle. Nun wird dort eine Massentestaktion gestartet.

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Es war kurz vor dem ersten Lockdown, als bekannt wurde, dass in der Wiener Messehalle ein Großlazarett aufgebaut werden soll. Das sorgte für Aufsehen, allein schon wegen des Begriffs. Lazarett – da denkt man ans Militär, an verwundete Soldaten, an Seuchen und an Aussätzige. Die anderen Länder zogen nach, schon zwei Wochen später sprach der Gesundheitsminister von 20.000 Betten, die man abseits von Spitälern aufstellen konnte.

Nun, mitten im zweiten Lockdown, fällt der Ausdruck Lazarett nicht mehr so häufig. Die Messehalle wird dieser Tage für die Massentests umfunktioniert, die noch diese Woche starten – und trotz immer noch hoher Infektionszahlen scheinen die Betroffenen alle irgendwo ein Bett zu haben. War die Reaktion damals fehl am Platz? Oder werden ohnehin schon wieder Lattenroste und Matratzen in jene Hallen gekarrt, in denen früher, vor der Pandemie, Autofreaks und Studierende gepfercht waren?

Die Antwort darauf: Beides trifft irgendwie zu. Doch um das zu erklären, müssen die Bundesländer im Detail betrachtet werden. DER STANDARD hat die österreichweiten Daten zusammengeklaubt.

Ein Überblick über die Länder

"Nein, derzeit gibt es kein Barackenspital", heißt es etwa recht direkt aus Salzburg. Aber: Man könne jederzeit die Quartiere reaktivieren, die man während der ersten Welle aufgestellt hatte: Gut Tausend Betten waren das damals, notfalls könne man sogar auf 1.200 Betten kommen, heißt es. "Momentan sieht es aber nicht so aus, als würden wir darauf zurückgreifen müssen."

Ähnlich ist die Lage im Burgenland: Dort wurde im April in einem Sportzentrum eine "außerordentliche Covid-Anstalt" eingerichtet, sie umfasste 100 Betten. Diese Notkrankenanstalt wurde im Sommer wurde nur zum Teil zurückgebaut und könne jederzeit innerhalb von zwei bis drei Wochen wieder aktiviert werden, heißt es aus der burgenländischen Landesregierung. Außerdem wurden im Frühling ein Quartier mit mehreren hundert Betten für Personen, die keine Spitalsbetreuung brauchen, errichtet. Da diese Quartiere im Frühling wenig in Anspruch genommen worden seien, habe man mittlerweile kleinere Quartiere angemietet.

Vorarlberg und Oberösterreich rüsten sich erneut

Anders ist das in Vorarlberg. Dort schaffte man diesen Monat wieder Betten in die Messehalle. "In einem Kraftakt ist innert zwei Wochen das Notversorgungszentrum im Dornbirner Messequartier wieder aufgebaut worden", hieß es in der zugehörigen Presseaussendung, die Inbetriebnahme sei aber nicht erforderlich.

In Oberösterreich wiederum spricht man nicht mehr von Lazaretten, sondern von "medizinischen Versorgungseinheiten". Die baue man gerade auf, heißt es vom Krisenstab, in drei Einrichtungen – einem Therapiezentrum, einem Krankenhaus und einer Rehaklinik – sollen demnächst 142 Betten zur Verfügung stehen. Während der ersten Corona-Welle standen fast 600 Extrabetten in verschiedenen Gesundheitseinrichtungen zur Verfügung.

31 Personen in Tiroler Lazaretten, keine in der Steiermark

In Niederösterreich heißt es auf STANDARD-Anfrage nur, es seien keine Lazarette geplant: "Aufgrund der ausreichenden freien Bettenkapazitäten stellt sich die Frage nicht." Aus Kärnten heißt es, man habe keine Notbetten geplant. Man versuche, die Versorgung aufrechtzuerhalten und gleichzeitig Kapazitäten freizuhalten, so komme man auf 830 Betten im normalstationären Bereich und 190 im intensivmedizinischen Bereich. Mit einer Einschränkung: "Dabei nicht berücksichtigt ist, ob ausreichend Personal verfügbar ist", heißt es vom Land Kärnten. Noch im März jedenfalls wurden in Kärnten 150 Betten in eine Tennishalle geschafft. In der Steiermark habe es nie ein Lazarett gegeben, und es sei auch keines geplant, schreibt die steirische Landesregierung.

In Tirol hingegen werden momentan 31 Personen in Notkrankenstationen behandelt, insgesamt gibt es 40 Betten im Rehabilitationszentrum Münster. Damit könnten "die Kapazitäten in den Tiroler Krankenanstalten bis zu einem gewissen Grad entlastet werden", heißt es von einem Landessprecher. Während der ersten Welle gab es außerdem eine Notkrankenstation in einem privaten Spital, insgesamt seien in beiden Quartieren im Frühjahr 95 Personen behandelt worden.

Wien verteilt auf kleinere Einheiten

Und in Wien, von wo aus der Lazarette-Boom startete? Da ist man mittlerweile auf kleinere Einheiten umgestiegen. Zwar gibt es nun doppelt so viele Betten wie damals – 6.000 statt gut 3.000. Doch diese sind über die Stadt verteilt, etwa auf Pavillons im Otto-Wagner-Spital, Hotels und private Wohnhäuser. Gedacht sind sie für jene, die zu Hause keine Betreuung haben, auch infizierte Touristen könnten hin, sagt ein Sprecher des zuständigen Gesundheitsstadtrats Peter Hacker (SPÖ).

Vier dieser Unterkünfte sind momentan in Verwendung, 42 Personen sind dort untergebracht. Wie hoch der Spitzenbelag in der Messehalle damals war, sei nicht genau zu beziffern, nur so viel: In Summe waren während der Zeit in Betrieb 294 Personen dort.

Ja, dafür sei viel Geld investiert worden, heißt es im Büro Hackers. Die Rede war damals von etwa 50 Millionen Euro, etwa 20 Millionen waren es dann tatsächlich. Doch ohne die Messehalle hätte man etwa die Flüchtlingsunterkunft in Erdberg nicht so rasch evakuieren können, sagt der Sprecher. Wo die Betten jetzt sind? In den Lagern der Stadt Wien. Die könne man immer brauchen, wenn viele Menschen einen Schlafplatz brauchen. Etwa bei Gasexplosionen. (Gabriele Scherndl, 1.12.2020)