Im Vergleich zu anderen Materialien gilt Naturstein als nahezu unverwüstlich. Doch der Zahn der Zeit nagt auch am Stein – angestachelt vom Klimawandel sogar besonders emsig. Durch die in unseren Breiten länger werdenden feuchten Perioden im Winter und den CO2-Anstieg in der Luft leiden vor allem karbonatische Gesteine wie Marmor oder Kalkstein. Gerade aus diesen Materialien aber sind viele Denkmäler gefertigt. "Durch den steigenden CO2-Gehalt der Luft wird das Regenwasser saurer, was in Verbindung mit den längeren Regenperioden zu einem vermehrten Abtrag von Material führt", erläutert die Restauratorin Marija Milchin.

Die Restauratorin Marija Milchin evaluiert Schutzmaßnahmen für steinerne Denkmäler.
Foto: privat

Als Leiterin der Steinrestaurierungswerkstatt des Instituts für Konservierung und Restaurierung an der Universität für angewandte Kunst Wien ist sie mit diesem Problem bestens vertraut. In ihrer Dissertation untersucht und evaluiert die gebürtige Nordmazedonierin deshalb jene Maßnahmen aus der konservatorischen Praxis, die den besten Schutz für Natursteine im Außenbereich versprechen. "Eine gängige Methode ist etwa die Hydrophobierung, bei der hydrophile Oberflächen mit einem wasserabweisenden Material imprägniert werden", so Milchin. Weil sich dieses Material nicht gleichmäßig abbaut, können dadurch jedoch unschöne Rinnspuren entstehen. Eine andere eingesetzte Schutzmaßnahme ist das Schlämmen. Dabei wird Wasser mit Kalk und feinem Sand vermischt und auf den Stein aufgetragen. Ist diese "Opferschicht" abgetragen, kommt eine neue darüber.

Lebensleidenschaft

Das Problem dabei: "Da die Oberflächen durch das Schlämmen farblich verändert und homogenisiert werden, kann es nicht bei allen Objekten angewendet werden", erklärt die Expertin. Marmor zum Beispiel würde dadurch viel von seiner ästhetischen Wirkung einbüßen. "Tatsächlich gibt es keine Maßnahme, die für alle Objekte geeignet wäre." Selbst beim simplen Einhausen von Steinskulpturen während der zehrenden Wintermonate können folgenschwere Fehler gemacht werden. "Diese hölzernen ‚Schutzhütten‘ müssen wachsenden Windlasten standhalten, was beim Bau oft nicht bedacht wird." Um Gemeinden und sonstigen Verantwortlichen die Entscheidung für die jeweils optimale Schutzmethode für ihre Denkmäler zu erleichtern, will Marija Milchin ihre Erkenntnisse in einem Leitfaden zusammenfassen. Der Bedarf dafür ist groß, wie die 39-Jährige durch zahlreiche Anfragen an die Restaurierungswerkstatt weiß.

Dass für Marija Milchin die Kunst des Restaurierens zur Lebensleidenschaft wurde, ist wohl auch ein bisschen ihrem kulturaffinen Elternhaus – Vater Regisseur, Mutter Architektin – und der dadurch erfahrenen frühen Prägung zu verdanken. Als naturwissenschaftlich begabte Jugendliche fühlte sie sich sehr zur Chemie hingezogen und wollte auch ein entsprechendes Studium beginnen. Aber ein Berufsleben abseits von Kunst, Kultur und Familientradition? Da kam ihr die Idee mit dem Restaurieren. "Hier verbinden sich Chemie und Kunst, sodass ich meine unterschiedlichen Interessen unter einen beruflichen Hut bringen kann." Ihre eigene Kreativität findet in der Freizeit beim Zeichnen, Malen und Töpfern das nötige Ventil. (Doris Griesser, 7.1.2021)