Der Reumannplatz soll künftig videoüberwacht werden.

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Wenn der Wiener Bezirk Favoriten in den letzten Monaten in Medienberichten auftauchte, dann meist in Zusammenhang mit Negativschlagzeilen. Im Sommer kam es dort zu Angriffen von türkischen Nationalisten und Rechtsextremen auf linke und kurdische Gruppen. Im Herbst kam es zu Beschädigungen in der Antonskirche, und Silvester kam es zu Ausschreitungen inklusive Sachbeschädigungen und Angriffe auf Polizisten.

Nach wie vor ist nicht letztgültig geklärt, ob es zwischen diesen Vorfällen einen Zusammenhang gibt. Das gab Vizebürgermeister und Integrationsstadtrat Christoph Wiederkehr (Neos) am Donnerstag bekannt. "Es gibt unterschiedliche Hintergründe", sagte Wiederkehr. "Man kann nicht sagen, dass alle das gleiche Motiv hatten." Jedenfalls gebe es bisher keine Verbindungen zwischen der Silvesternacht und den Ausschreitungen im Sommer. Schon vor einigen Tagen gab die Wiener Polizei nach einem extra einberufenen Sicherheitsgipfel bekannt, dass nach derzeitigem Ermittlungsstand keine religiösen oder politischen Motive bei den Silvesterrandalen vorlagen.

Sicherheitspolitische Frage

Die Ereignisse seien vor allem eine sicherheitspolitische Frage, stellte Wiederkehr klar und wiederholte eine Forderung seiner roten Amtskollegen: Es brauche mehr Polizisten für Favoriten, von derzeit 300 solle auf 500 Stellen erhöht werden. Hier sei Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) gefordert. Bereits beim Sicherheitsgipfel wurde eine Videoüberwachung am Reumannplatz und verstärkte Polizeipräsenz vor Ort beschlossen.

Nun sollen sozialarbeiterische Maßnahmen folgen: "Wir müssen schneller sein als die Extremisten", sagte Wiederkehr. In Favoriten soll die Zahl der Schulsozialarbeiter "schrittweise" von fünf auf zehn Personen erhöht werden. Zudem soll ein ganzjähriges Demokratieprojekt mit dem Namen "Respekt: Gemeinsam stärker" unter der Leitung des Vereins Wiener Jugendzentren an Neuen Mittelschulen (NMS) umgesetzt werden. Die erste Kooperationsschule wird die NMS Herzgasse in Favoriten sein.

Öffentlicher Raum

Im öffentlichen Raum soll die aufsuchende Jugendarbeit auch verstärkt nach 22 Uhr tätig werden. "Damit nach zehn Uhr nicht sofort die Polizei einschreiten muss", sagte Wiederkehr dazu. Sieben Personen seien im Moment in Innerfavoriten in der aufsuchenden Jugendarbeit unterwegs, erläuterte Ilkim Erdost, Geschäftsführerin der Wiener Jugendzentren, zusätzlich seien zehn bis 15 Personen aus angrenzenden Einrichtungen verfügbar. Zudem sollen die "Fair-Play-Teams" der Stadt Wien ab dem Frühling verstärkt unterwegs sein.

Was könnte man darüber hinaus nachhaltig gegen islamistische, extremistische Tendenzen tun? Das "Netzwerk Demokratiekultur und Prävention", in dem verschiedenste Stellen von Kinder- und Jugendhilfe über das AMS bis zu den Sicherheitsbehörden zusammenkommen, beschäftigt sich in regelmäßigen Sitzungen mit Herausforderungen in diesem Bereich. Künftig soll dort auch die Polizei eine noch wichtigere Rolle einnehmen.

Keine Jugendarbeit

"Alle Gruppen, die sich nicht zu den Menschenrechten bekennen, sollten keine Jugendarbeit betreiben dürfen", sagt der Koordinator des Netzwerks, Ercan Nik Nafs, zum STANDARD. Er spielt damit auch auf Vereine und Moscheen im islamistischen und rechtsextremen Dunstkreis an.

Immer wieder dringen Skandale in derartigen Einrichtungen nach außen, nach einer kurzen Empörungswelle geht aber vieles wieder den gewohnten Gang. Nik Nafs sieht hier die Islamische Glaubensgemeinschaft (IGGÖ) sowie das Kultusamt gefordert: "Gefragt ist Rechtsstaatlichkeit." Es gebe in dem Bereich "noch einiges zu tun". (Vanessa Gaigg, 22.1.2021)