Der Sankt Pöltener Bürgermeister Matthias Stadler entschied die erste Wahl in Österreich während der Corona-Pandemie für sich.

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Wien / St. Pölten – In der niederösterreichischen Landeshauptstadt St. Pölten haben die Sozialdemokraten bei der Gemeinderatswahl ihre absolute Mehrheit verteidigt, mussten allerdings Federn lassen. Bürgermeister Matthias Stadler (SPÖ) sieht sich mit 56 Prozent der Stimmen in seinem Kurs bestätigt. Bei der Wahl 2016 hatte er allerdings noch 59 Prozent der Stimmen und 26 Sitze auf sich vereinigt.

Die Bürgermeister-Partei erreichte laut dem vorläufigen Ergebnis 56,04 Prozent und 25 der 42 Mandate. Das größte Plus verbuchten die Grünen, die so stark wie nie zuvor in der Landeshauptstadt sind. Auch ÖVP und Neos verzeichneten Zugewinne. Pink zog erstmals ins Rathaus ein. Die FPÖ wurde nach Mandaten von sechs auf drei halbiert.

"Deutlich abgesichert"

Stadler hielt fest, dass die SPÖ trotz Verlusten die "größte absolute Mehrheit einer Landeshauptstadt eingefahren" habe, die auch deutlich abgesichert sei. Das freue ihn. Dass die Wahlbeteiligung mit 55,96 Prozent deutlich unter jener von 2016 (63,62 Prozent) lag, schmerze hingegen und sei "auf die Corona-Situation zurückzuführen. Die Karten seien neu gemischt, der Gemeinderat werde bunter, der Stadtsenat ebenfalls.

Die ÖVP habe "unter den gegebenen Umständen eines Corona-Wahlkampfes ein solides Ergebnis" erreicht, sagte Spitzenkandidat Matthias Adl. Das Plus von einem Mandat bereite Freude. "Wir werden als stärkste Oppositionspartei der SPÖ auf die Finger schauen", kündigte der Vizebürgermeister an.

FPÖ im Bundestrend

FPÖ-Spitzenkandidat Klaus Otzelberger führte das Ergebnis seiner Partei auch auf den Bundestrend zurück. Den Wahlkampf bezeichnete er als "ganz schwierig".

Christina Engel-Unterberger strahlte indes. Sie sei "überwältigt", die Grünen hätten mit ihren Themen viele Menschen "mitgenommen". St. Pölten "nachhaltig gestalten", nannte die Spitzenkandidatin als Ziel. "Es wird eine aufregende Zeit".

"Der Einzug war das Ziel", sagte Neos-Listenerster Nikolaus Formanek. "Ich bin froh, dass wir uns verdoppeln konnten (von 1,57 auf 3,19 Prozent, Anm.)."

Gruppenbild mit Dame: Christina Engel-Unterberger (Grüne), Matthias Adl (ÖVP), Matthias Stadler (SPÖ), Klaus Otzelberger (FPÖ), Nikolaus Formanek (Neos) ziehen mit ihren Fraktionen ins St. Pöltner Rathaus ein (v. li.)
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SPÖ-Landeschef Franz Schnabl sprach von einem "immer noch beeindruckenden Ergebnis" in St. Pölten. Eine klare Mehrheit der Bevölkerung wolle, dass Stadler mit seinem Team auch in den kommenden fünf Jahren St. Pölten weiterentwickle.

Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) äußerte sich betont staatstragend: Sie gratulierte dem St. Pöltner VP-Vorsitzenden Adl zum Zugewinn "und allen anderen Parteien und Persönlichkeiten, denen das Vertrauen ausgesprochen wurde. Als Landeshauptfrau ist es mir ein besonderes Anliegen, dass sich unsere Landeshauptstadt weiterhin gut und gesund weiterentwickelt", sagte Mikl-Leitner.

Deutlich grüner

Helga Krismer, Landessprecherin der Grünen, war vom Ergebnis ebenfalls "überwältigt". St. Pölten sei nun "deutlicher grüner geworden". Trotz Lockdown und schwieriger Ausgangssituation so hohes Vertrauen zu bekommen, "ist eine tolle Leistung".

"Der Auftrag ist ganz klar", kommentierte FPÖ-Landesparteisekretär Michael Schnedlitz das freiheitliche Ergebnis: "Weiterarbeiten, das Vertrauen der Bevölkerung zurückgewinnen und vor allem jene, die zu Hause geblieben sind, wieder mit an Bord holen."

Die Bürgerinnen und Bürger hätten einen ehrlichen Wahlkampf mit einem Spitzenkandidaten belohnt, "der sich mit seiner offenen Art kein Blatt vor den Mund nimmt", reagierte Neos-Landessprecherin Indra Collini auf den pinken Rathaus-Einzug.

Wahlbeteiligung stark gesunken

Die Wahlbeteiligung sank in Zeiten von 63,62 auf 55,96 Prozent. Mit 56,04 Prozent verzeichnete die SPÖ ein Minus von 2,96 Prozentpunkten. Auf die ÖVP entfielen 22,73 Prozent (20,27). Die FPÖ als Verlierer des Wahltags büßte 5,79 Prozentpunkte auf 8,91 Prozent (14,70). Die Grünen kamen auf 8,01 Prozent (2,74). Sie fuhren ihr bestes je erzieltes Ergebnis in St. Pölten ein. Die Neos zogen mit 3,19 Prozent (1,57) erstmals ins Rathaus ein. KPÖ plus – offene Liste erreichte 1,12 Prozent.

Die neue Mandatsverteilung im Gemeinderat: SPÖ 25 (26), ÖVP zehn (neun), FPÖ drei (sechs), Grüne drei (eins), Neos eins (-). Im Stadtsenat stellt die SPÖ wie bisher acht Vertreter, die ÖVP ebenfalls unverändert drei. Die FPÖ muss einen ihrer bisher zwei Sitze an die Grünen abgeben.

Fünf Parteien im Rathaus

46.621 Bewohnerinnen und Bewohner waren am Sonntag wahlberechtigt. Abgegeben wurden 26.090 Stimmen. Von den 25.795 gültigen entfielen 14.455 auf die SPÖ, 5.863 auf die ÖVP, 2.298 auf die FPÖ, 2.067 auf die Grünen und 824 auf die Neos. Erstmals seit der Wahl 2006 schafften wieder fünf Parteien den Einzug ins Rathaus. KPÖ plus – offene Liste kam auf 288 Stimmen.

Im Stadtsenat stellt die SPÖ acht Vertreter, die ÖVP drei. Die FPÖ muss einen ihrer zwei Sitze an die Grünen abgeben. (red., APA, 24.1.2021)