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Mitarbeiter der Steiermärkischen Krankenanstaltengesellschaft wollen lieber auf den Impfstoff von Biontech/Pfizer warten – in der "Kleinen Zeitung" ist die Rede von insgesamt 800 Mitarbeitern. Ähnliche Meldungen gibt es aus Salzburg, in Wien kam es am AKH zum Aufstand. "Ich verstehe diese Verunsicherung. Aber ich glaube, sie ist etwas überzogen", sagt der Leiter der pharmakologischen Abteilung der Med-Uni Wien, Markus Zeitlinger.

Foto: dpa-Zentralbild/Hendrik Schmidt

Wien, Steiermark, Salzburg: In den letzten Tagen wurde deutlich, dass die Ablehnung gegenüber dem Impfstoff von Astra Zeneca unter medizinischem Personal ziemlich hoch ist. Viele wollen lieber einige Wochen länger warten, um dann mit dem Produkt von Pfizer/Biontech geimpft zu werden. Meistens liegen der Skepsis dabei zwei Erklärungen zugrunde: Einerseits seien die Nebenwirkungen bei Astra Zeneca intensiver und häufiger, und zweitens dauere es länger bis zur Immunität.

Missverständnisse und Übersensibilisierung

In der "ZiB 2" räumte Markus Zeitlinger, der Leiter der pharmakologische Abteilung der Med-Uni Wien, mit einigen Bedenken auf: Er sei über die häufigen Nebenwirkungen nicht überrascht. Studien hätten schon im Vorfeld gezeigt, dass das Vakzin von Astra Zeneca bei der ersten Teilimpfung reaktiver sei. Bei Biontech habe man hingegen bei der zweiten Impfung heftigere Reaktionen festgestellt. Fieber, Kopfschmerzen oder Schüttelfrost nach der Impfung seien außerdem ein Zeichen dafür, dass der Impfstoff wirke – "das Reagieren des Körpers ist an die Immunantwort und an den Impfschutz gebunden". Schwere Nebenwirkungen – allergische Schocks – würden bei Biontech/Pfizer doppelt so häufig auftreten, sagt der Pharmakologe.

ORF

Dass Astra Zeneca eine viel geringere Schutzwirkung habe, stimme so nicht, grundsätzlich seien die Werte da gut vergleichbar, "gegen schwere Verläufe sowieso". Allerdings sei es tatsächlich richtig, dass der Impfstoff gegen die südafrikanische Variante schlechter wirkt – es gebe aber für die anderen Impfstoffe hier keine Daten, und deswegen wäre ein Vergleich unfair.

Und was ist mit der späteren Immunität, die viele Ärzte und Pflegekräfte als Begründung für die Ablehnung von Astra Zeneca anführen, weil es bis zur zweiten Impfung drei Monate dauert? "Das ist ein Missverständnis", sagt Zeitlinger. Es gebe sehr gute Daten dazu, dass man bereits drei Wochen nach der ersten Impfung geschützt sei.

Verunsicherung "überzogen"

Eine "ungeahnte Datenfülle" ist für den Pharmakologen Teil der Erklärung, weshalb die Skepsis unter medizinischem Personal gegenüber Astra Zeneca so groß ist. "Wenn ich jetzt jemanden fragen würde, wie ist die Schutzrate der Impfung gegen Influenza, die Sie vor fünf Jahren bekommen haben, welche Marke war das, dann wüsste das kein Mensch." Viele seien derzeit schlichtweg übersensibilisiert. Zeitlinger: "Ich verstehe diese Verunsicherung. Aber ich glaube, sie ist etwas überzogen."

Und wenn er selber die Wahl hätte? Warten würde Zeitlinger auf Biontech nicht. Einzig wenn beide Impfstoffe vor ihm liegen würden, spreche nichts dagegen, den mRNA-Impfstoff zu nehmen. (lhag, 18.2.2020)