Der Ästhetik des Unheimlichen huldigen die beiden jungen Briten in Ton und Bild.

Foto: Sirus F.

Pop und Grusel, hat darüber schon einmal jemand dissertiert? Material gäbe es genug, vom Werk des Gänsehaut-Barden Nick Cave über Michael Jacksons Zombie-Hymne Thriller bis zu den dunkel-melancholischen Fantasien einer Billie Eilish. Grusel im Pop ist facettenreich, mal entrisch, mal dystopisch, mal schockierend, mal surreal, mal ein bisschen sexy – jedenfalls ist er immer präsent.

Das britische Duo Sad Night Dynamite tut also nicht schlecht daran, auf seinem gleichnamigen Debütalbum im Dunklen zu munkeln.

Dass die beiden jungen Musiker Josh Greacen und Archie Blagden im festivaltechnisch geschichtsträchtigen Glastonbury aufgewachsen sind und deswegen schon seit Kindertagen mit den diversesten Genres zwangsbeschallt wurden, kann man als guter Küchenpsychologe schon als Grund für ihren Eklektizismus annehmen.

Sad Night Dynamite

Denn auf Sad Night Dynamite wird aus den unterschiedlichsten Ecken, aber keineswegs beliebig versampelt, was eigentlich nicht zusammenpassen sollte. So biegt bereits die erste Nummer, Icy Violence, gegen Ende in einen völlig unerwarteten Sirtaki ab. Dub, Hip-Hop, Garage oder Punk sind vor Greacen und Blagden nicht sicher. Wie zwei Alchemisten gewinnen die beiden Briten aus diesen Zutaten einen Sound, der wie ein Halloweenfilm- oder Seriensoundtrack klingt. Das liegt sicher auch daran, dass sie nicht nur Musik sampeln, sondern stark mit Effekten arbeiten, die man mit dem Unheimlichen zu assoziieren gelernt hat.

Gorillaz lassen grüßen

Wer Sad Night Dynamite aufdreht, wird nicht nur Freude an den vielen Details in der Produktion haben, sondern sich auch an eine Band erinnert fühlen, der das Album ganz unverhohlen Tribut zollt. Denn der Geist der Gorillaz, besonders jener des 2005 erschienenen Albums Demon Days durchweht Sad Night Dynamite, als hätte man ihn bei einer Séance heraufbeschworen. Das Album wurde in demselben Studio aufgenommen, in dem auch Damon Albarn, Mastermind der Gorillaz, arbeitet. Greacen und Blagden mussten die Musik immer etwas leiser drehen, wenn er gerade im Studio war – zu groß war die Angst vom Urteil des Vorbilds.

Sad Night Dynamite

Offenbar fiel dieses aber positiv aus. Auch die Experimental-R-’n’-B-Künstlerin und Fürstin der Düsternis FKA Twigs adelte die beiden Newcomer bereits in Form einer Zusammenarbeit. Und sogar beim Glastonbury hätten sie dieses Jahr spielen sollen, wäre es nicht abgesagt worden. Darauf, dass für die beiden musikalischen Albträumer dieser Kindheitstraum in Erfüllung geht, müssen sie nun noch etwas warten. (Amira Ben Saoud, 16.3.2021)