Generalmajor Johann Frank, Verteidigungsministerin Klaudia Tanner, General Robert Brieger.

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Wien – Ab und zu vergleicht sich Johann Frank mit Kassandra, der Tochter des trojanischen Königs Priamos – die Treffsicherheit der von ihm verantworteten "Sicherheitspolitischen Jahresvorschau" erschreckt ihn manchmal selbst: "Dreieinhalb der vier" in der vorjährigen Jahresvorschau herausgearbeiteten Gefahren für die Republik sind in den folgenden zwölf Monaten eingetreten.

Das beginnt mit den Cyberangriffen, die im Vorjahr um 220 Prozent zugenommen haben, es betrifft den Terror und die im Vorjahr von vielen Verantwortlichen weder in Qualität noch im Umfang für wahrscheinlich gehaltene Pandemie. Nur das ebenfalls für hochwahrscheinlich gehaltene Blackout-Szenario ist Österreich – wie man heute weiß: knapp – erspart geblieben. Was Frank ebenfalls von Kassandra, deren Warnungen vor dem Holzpferd des Odysseus keiner glauben wollte, unterscheidet: Inzwischen finden die Warnungen der Militärs Gehör. Frank nutzt das für zwei Botschaften: Erstens verschlechtere sich die Sicherheitslage; aber zweitens wisse man auch immer besser, was auf einen zukommen könnte – auch wenn man die Wucht von Kaskadeneffekten nicht genau kennt.

Kombinierte Bedrohungen

Wenn etwa Terrorismus und gezielte Desinformation zusammenkämen, könnte das im schlimmsten Fall sogar zu einem Zusammenbruch des ganzen Staatswesens führen. Generalstabschef Robert Brieger legte bei der Präsentation der heurigen Sicherheitspolitischen Jahresvorschau ein Szenario dar, in dem die Gesellschaft gezielt gespaltet und verunsichert würde – damit Vertrauen in internationale Organisationen und schließlich die staatliche Handlungsfähigkeit untergraben würden – "die Zielsetzung ist relativ leicht umzusetzen".

Das Militär stehe jedenfalls bereit, um in solchen Szenarien die angesprochene Handlungsfähigkeit der staatlichen Organe zu sichern – aber bevor es das kann, muss es erst einmal seinen Eigenschutz verbessern. Ein Dutzend autarke Kasernen soll es – gut verteilt über das Bundesgebiet – geben.

Unabhängig von ziviler Infrastruktur

In der ersten Stufe sollen diese Sicherheitsinseln eine Selbstversorgung der Truppe für zwei Wochen garantieren. In der zweiten Ausbaustufe sollen sie dann den Blaulichtorganisationen und der staatlichen Verwaltung eine von äußeren Einflüssen geschützte Operationsbasis in einem potenziell unsicher gewordenen Land bieten – so kündigte Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) die Umsetzung eines noch von der türkis-blauen Regierung gegebenen Versprechens an. 20 Millionen Euro sollen dafür in der ersten Phase zur Verfügung stehen.

Breiten Raum nimmt in der Sicherheitsanalyse die internationale Entwicklung ein: Durch die Covid-Pandemie (und die gegen sie getroffenen Maßnahmen) sind im Vorjahr mehr als 150 Millionen Menschen weltweit verarmt, "diese Entwicklungen eröffnen externen Akteuren die Chance zur Einflussnahme und bilden einen Nährboden für extremistische Ideologien und Terror".

Und das Bundesheer? Es muss sich auch für klassische Landesverteidigung (etwa entlang von Bewegungslinien im Donauraum oder am Brenner) bereithalten, wenn es einen bewaffneten Konflikt an der EU-Außengrenze geben sollte. (Conrad Seidl, 1.4.2021)