Gedruckte Satire: Jan Böhmermann stellte am Freitag in seiner Sendung das Parodieheft "Freizeit Magazin Royale" vor.

Foto: Screenshot/ZDF

"Wenn Omas bittere Tränen weinen, steigt ihr Kontostand": Jan Böhmermanns Abrechnung seines "ZDF Magazin Royale" mit der deutschen Klatschpresse ist seit Samstag auch im Zeitschriftenhandel erhältlich. Das Parodieheft namens "Freizeit Magazin Royale" ähnelt seinen Zielscheiben in der Aufmachung frappant und widmet sich auf 32 Seiten den deutschen Verlagshäusern Hubert Burda Media, Medienholding Klambt, Funke Mediengruppe oder der Bauer Media Group und ihren Protagonisten – DER STANDARD hat sich das angesehen.

Die Sendung vom Freitag.
ZDF MAGAZIN ROYALE

Das Editorial leitet "Dr. Jan Böhmermann", der als "Herausgeber, Verleger, Mäzen, Kunstsammler und Philanthrop" firmiert, mit folgenden Worten ein: "Liebe Leserinnen, sie sind schön, sie sind reich, sie sind mächtig – doch warum scheuen sie das Licht der Öffentlichkeit? Welche süßen Geheimnisse verstecken Deutschlands Verlegerinnen und Verleger? Todesangst? Hirnschlag? Qualitätsjournalismus?"

Gerüchte im Faktencheck

Eine Rubrik nennt sich etwa "Die 5 besten Gerüchte über Hubert Burda im Faktencheck" und stellt frei erfundene Gerüchte wie "Hubert Burda steckt hinter 9/11" in den Raum. Die Antwort lautet: "Wie bitte? Niemals." Verleger Hubert Burda hat es Böhmermann angetan. Er steht im Zentrum seines Spotts und ziert demnach auch das Cover des "Freizeit Magazin Royale". Hubert Burda Media macht sein Geld mit Klatsch- und Tratschmedien wie "Bunte", "Freundin", "Frau im Trend", "Freizeit Revue" oder die "Glücksrevue".

Burda-Reaktion: "Komödianten genießen Narrenfreiheit"

Ein Sprecher von Hubert Burda Media teilte der Deutschen Presse-Agentur (dpa) als Reaktion am Sonntag nur so viel mit: "Komödianten genießen Narrenfreiheit. Die Geschichten eines Komödianten werden wir nicht kommentieren." Rechtlich dagegen vorzugehen, dürfte für das Verlagshaus keine Option sein, denn das würde wohl nur Böhmermanns Social-Media-Maschinerie ölen. Geschmeckt dürfte es Burda jedenfalls nicht haben, denn ein nicht unwesentlicher Teil der Satire findet unter der Gürtellinie statt. Hubert Burda ist mit "Tatort"-Kommissarin Maria Furtwängler verheiratet.

Brisante Kartoffeln

Neben diversen Medienleuten aus den obersten Etagen der Klatschblätter, die persönlich und beruflich auf die Schaufel genommen werden, liefert das Magazin auch sehr viel Nonsens, Brachial- und Fäkalhumor – wie so oft bei Böhmermann mit einem politischen Anstrich. So lüftet ein Ernährungsratgeber das Geheimnis hinter den Kartoffeln, denn: "Keine Ausländerin ist in Deutschland so gut integriert wie die inkastämmige Kartoffel." Sie habe das Land längst im Griff – mit verheerenden Folgen. Allein die Krokettensucht fordere potenziell hunderttausende Opfer, was in die Frage münde: "Wie lange bleiben die Stäbchen der Versuchung noch legal?" Im Ressort "Diät" wird vom Comeback der "Fleischwurst" schwadroniert. Sie wird zum "Superfood" erklärt.

Psychotest

Der in solchen Klatschblättern obligate Psychotest lautet bei Böhmermann "Welcher Darm sind Sie?". Erstellt wurde der Test von der "Astrologin und ganzheitlichen Gastroenterologin Christa Schlacke vom Götz-Werner-Institut Darmstadt". Die Auflösung reicht von Blinddarm bis Enddarm. In der Rubrik "Hallo Doktor" serviert Dr. Gisela Echtefrau die Antwort auf die Frage: "Laut meiner Lieblingszeitschrift hätte Herzogin Kate schon 267 Kinder bekommen müssen. Ich glaube, da stimmt was nicht. Wie kann ich mich vor solchen Falsch meldungen schützen?"

Im "Freizeit Magazin Royale" bekommt auch ein Österreicher sein Fett ab: Veit Dengler, Mitbegründer der Neos und derzeit bei der Bauer Media Group. Nur ein einziger Wahlsieg habe Dengler 2012 gefehlt, um Österreichs Bundeskanzler zu werden. Jetzt werde ihm seine E-Scooter-Sucht zum Verhängnis, heißt es im Artikel "Kostet ihn der E-Scooter Wahn die Kanzlerschaft?!". Die Bauer Media Group vertreibt Zeitschriften wie "Alles für die Frau", "Bravo" oder die "Neue Post".

Bauer: ZDF verstößt gegen Rundfunkauftrag

Die Bauer Media Group kommentierte Böhmermanns Rundumschlag so: "Satire finden wir richtig und wichtig. Und als Publisher Nummer eins werten wir es als ein positives Zeichen, wenn Verlage neue Zeitschriften auf den Markt bringen und kreative Magazinkonzepte möglichst viele Menschen erreichen." Das Unternehmen betonte aber zugleich: "Allerdings finden wir es besorgniserregend, dass das ZDF offensichtlich die rechtlichen Grenzen seines Rundfunkauftrags verlassen hat, indem es mit Rundfunkgebühren eine neue Printzeitschrift publiziert."

ZDF verteidigt Print

Die Reaktion des ZDF: "Anlässlich der neuesten Ausgabe des ZDF 'Magazin Royale' zum Thema Boulevardjournalismus gibt es eine begleitende Printpublikation. Gemäß Medienstaatsvertrag erfolgt die Herausgabe der auf eine Ausgabe beschränkten Begleitpublikation unter redaktioneller Verantwortung und im Auftrag des ZDF durch die Unterhaltungsfernsehen Ehrenfeld UE GmbH in Köln." Sie produziert auch Böhmermanns "ZDF Magazin Royale".

In der nächsten Ausgabe geht es übrigens um "Tierbabys – und wie man sie zubereitet". Das "Freizeit Magazin Royale" wird in Deutschland vertrieben. In Österreich und der Schweiz kann es um 0,99 Euro (zuzüglich Versandkosten) bestellt werden. Fazit: großer Aufwand, der sich lohnt. Rollentausch de luxe! (omark, 19.4.2021)