Endlich wieder unter Menschen schauen: Das Filmarchiv öffnet sein Freiluft-Areal im Augarten bereits am 19. Mai mit einem "Frühlingskino".

Foto: Filmarchiv/S. Maier

Die gute Nachricht lautet, dass mit den bundesweiten Öffnungsschritten am 19. Mai auch die Kinos wieder aufsperren. Allerdings nicht nur mit Corona-bedingten Sitzplatzeinschränkungen: Während unabhängige Programmkinos und Einzelabspielorte gleich am ersten Tag die Leinwände wieder bespielen, bleiben die großen Multiplexe vorerst geschlossen. Der Grund liegt in der im Vergleich zu anderen Kulturbereichen weit größeren internationalen Verschränkung des Filmmarktes. Vor allem im wichtigsten Partnerland Deutschland ist noch keine Entscheidung über den Kinostart gefallen.

"Wir sind Teil dieses Territoriums, und große US-Blockbuster können nur dann gestartet werden, wenn der Markt zur Gänze zur Verfügung steht", sagt Cineplexx-Geschäftsführer Christof Papousek auf STANDARD-Nachfrage: "Man muss noch abwarten, bis es jene kritische Masse an Produkten gibt, damit wir den Betrieb halbwegs kostendeckend aufnehmen können." Auf ein genaues Datum könne er sich deshalb nicht festlegen.

Optimistische Signale

Michael Stejskal, Betreiber des Votiv-Kinos und Leiter des Verleihs Filmladen, vernimmt zunehmend optimistischere Signale aus dem Nachbarland, dass dort bis Mitte Juni wieder die Projektoren laufen könnten. Bis dahin lässt sich der Mangel an neuen Filmen gut kompensieren, auch Neustarts wie Susanna Nicchiarellis Miss Marx sind in seinem Segment geplant. "Ich bin es meinem Publikum schuldig, gleich wieder aufzusperren", sagt er. "Am Anfang zeigen wir Filmen wie Ema von Pablo Larrain oder den Dokumentarfilm TheDissident über den Journalisten Jamal Khashoggi. Ich plane zwei Vorstellungen pro Tag – mehr wird aufgrund der 22-Uhr-Sperre und logistischer Gründe, der Vermeidung von Staus im Kino, gar nicht gehen."

The Match Factory

Als spezifisches, freilich unabänderliches Problem betrachtet Stejskal die Testerfordernis, denn das Kinopublikum würde viel spontaner entscheiden als Theaterbesucher. Auch die Ausgangssituation gleiche nicht jener des Vorjahrs, als die Gastronomie noch vor der Kultur öffnen konnte: "Jetzt waren die Leute ein halbes Jahr eingesperrt. Ich fürchte, so ein glühender Kinofan kann man gar nicht sein, dass man sich nicht zuerst endlich mit anderen Leuten treffen will."

Open-Air-Start im Augarten

Dennoch werden die Angebote fast so mannigfaltig wie die Schanigärten sein: Das Filmarchiv Austria startet bereits am 19. Mai seinen Open-Air-Betrieb im Augarten mit einem "Frühlingskino" und zeigt in Kooperation mit der Diagonale und der Akademie des österreichischen Films heimische Produktionen. Auch das Filmmuseum nimmt sofort Fahrt auf und bietet Komödienklassiker wie Chaplins The Great Dictator "gegen die Krise". Unter den Neustarts finden sich Tom Marschalls Road-Movie Ordinary Creatures im Stadtkino im Künstlerhaus (ab 21. Mai) oder die Designerdokumentation Martin Margiela – Mythos der Mode im Filmcasino (ab 19. Mai).

Stadtkino Filmverleih

Cineplexx öffnet zumindest städtische Einzelkinos schon im Mai und bereitet sich daneben auf den Blockbustersommer vor, der mit Fast & Furious 9 voraussichtlich im Juli beginnt. "Dank der Hilfsmaßnahmen sind wir so durch die Krise gekommen, dass man wieder aufsperren kann", sagt Papousek, "mit Schwierigkeiten, aber dennoch." Sogar der Verzehr von Popcorn und anderem Knabberzeug, eine für Multiplexe wichtige zusätzliche Einnahmequelle, wird möglich sein: Die Regelungen seien so auszulegen, das man auf dem zugewiesenen Sitzplatz konsumieren kann.

Unklar bleibt aus Papouseks Sicht, wie sich das Zusammenspiel mit Onlinestarts entwickelt: "Die Kinos müssen erst wieder zurückkommen, dann wird man die Einnahmequellen analysieren. Ob die Flexibilität in der Auswertung kommt, kann man erst dann sehen." (Dominik Kamalzadeh, 8.5.2021)