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Weiterbildungslehrgänge sollen stärker standardisiert und zu außerordentliche Studien deklariert werden. Zum Abschluss winkt ein Bachelor oder Master – mit neuen Beinamen.

Foto: AP/Sarbach

BCE, MCE, BAP und MAP: Mit diesen Titelabkürzungen sollen sich bald Absolventinnen und Absolventen österreichischer Hochschullehrgänge schmücken dürfen. Das sieht eine Gesetzesnovelle aus dem Bildungsministerium vor, die sich noch bis Freitag in parlamentarischer Begutachtung befindet und Ende Oktober in Kraft treten soll.

Dahinter steckt ein großer Umbau des Systems der Weiterbildungslehrgänge an Unis, Fachhochschulen, Pädagogischen Hochschulen und Privatunis. Im vergangenen Jahrzehnt sind derartige Formate allerorten aus dem Boden geschossen, eine Erhebung des Instituts für Höhere Studien (IHS) zählte 2019 rund 1000 Lehrgänge, wobei manche davon brachliegen. Rund 30.000 Studierende – Durchschnittsalter 37 – und damit etwa sieben Prozent aller Studierenden Österreichs besuchen solche Lehrgänge, fast alle werden berufsbegleitend angeboten.

Undurchsichtiger Sektor

Der Sektor ist äußerst unübersichtlich, die Höhe der Gebühren variiert stark, im Median sind es 116 Euro pro ECTS-Punkt eines Lehrgangs. Eine Umrechnung, die nötig ist, weil sich auch das Ausmaß der ECTS-Punkte sehr unterschiedlich gestaltet, ebenso wie die Anforderungen an die Studierenden. Bei FHs richtet sich das Angebot vor allem an Erwerbstätige, die sich in spezifischen Branchenthemen akademisch fortbilden wollen, und an Führungskräfte. Unilehrgänge kaprizieren sich hingegen eher auf Studienabsolventen, die in ihrem Fachgebiet eine Vertiefung anhängen möchten.

Die Lehrgänge schließen meist mit einem der zahlreichen seitens der Hochschulen kreierten "Master" ab, zum Beispiel einem "Master of Sports Physiotherapy", "Master of Public Health" oder "Master in Management". Mit einem Masterstudienabschluss haben diese Grade nach derzeitiger Rechtslage allerdings nichts zu tun. Mastergrade aus Weiterbildungslehrgängen berechtigen etwa nicht zu einem Doktoratsstudium.

Leichte Übergänge

Künftig soll sich das ändern, Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP) schwebt eine Durchlässigkeit zwischen ordentlichen Studien und Weiterbildungslehrgängen vor, die dann als "außerordentliche Studien" deklariert werden sollen. Die neuen, außerordentlichen Bachelorstudien sollen demnach 180 ECTS-Punkte umfassen, wie im Bologna-System üblich. Für außerordentlichen Masterstudien sollen – abgesehen von einigen Ausnahmen für kürzere Studien in Wirtschaft und Jus – 120 Punkte vorgeschrieben werden, was im Regelfall mehr Aufwand bedeutet als derzeitige Lehrgänge, die einen geringeren ECTS-Umfang haben. Das Netzwerk für Universitäre Weiterbildung (AUCEN) fürchtet daher in einer Stellungnahme zur Novelle, dass diese "Studienumfänge für einen Großteil der berufsbegleitend Studierenden finanziell, zeitlich und organisatorisch kaum bewältigbar" sein werden.

Allerdings sollen die höheren Anforderungen auch mit leichteren Übergängen zwischen ordentlichen Studien und Weiterbildungsstudien verkoppelt werden, um "Sackgassen" im "Life Long Learning" zu vermeiden, hofft Minister Faßmann. So könnte man theoretisch einen normalen Bachelor beginnen, dann einen Weiterbildungsmaster draufsetzen und später einen Doktor machen. Ob diese Gleichwertigkeit in der Praxis funktioniert, ist aber noch fraglich, denn Lehrgänge sind kaum wissenschaftlich angelegt, was dem Anspruch der Unis für ihre Doktoratsstudien entgegensteht. Interessant ist zudem, dass die Matura für den Beginn eines universitären Studiums zum Weiterbildungsbachelor keine notwendige Voraussetzung ist. Es reicht "einschlägige berufliche Qualifikation", deren Inhalt der Minister per Verordnung festlegen kann.

Österreichische Insellösung

Für die zu Weiterbildungsstudien mutierenden Lehrgänge wird jedenfalls die gegenwärtige Titelvielfalt eingedampft, indem einheitlich nur mehr der "Bachelor of Continuing Education" (BCE), "Master of Continuing Education" (MCE) sowie – für Studien in enger Kooperation mit außerhochschulischen Institutionen – der "Bachelor Professional" (BAP) und "Master Professional" (MAP) verliehen werden sollen. (Ausnahmen bleiben für Jus- und Wirtschaftsfächer.) Die Titelkreationen des Ministeriums stoßen jedoch auf wenig Gegenliebe, zeigen Kommentare in der Begutachtung und Gespräche mit Experten. Hauptkritikpunkt ist, dass der Zusatz "of Continuing Education" international unbekannt ist und als österreichisches Unikum kaum anschlussfähig wäre.

Die FH Technikum Wien glaubt, dass die Attraktivität technischer Weiterbildungsstudien auf Masterlevel durch den neuen MCE "massiv leiden wird", weil die internationale Vergleichbarkeit fehle. Die WU Wien moniert mangelnde "Verständlichkeit der Grade und Akronyme" über die Grenzen hinaus. Im Ministerium sieht man kein Problem: Landesspezifische Grade seien üblich, heißt es zum STANDARD: "Wesentliches internationales Vergleichskriterium ist nicht der akademische Abschluss oder Grad für ein Studium, sondern unter anderem die damit verbundenen Leistungen (etwa ECTS-Punkte) oder das Studienniveau (Bachelor, Master, PhD)." Die Trennung in ordentliche und außerordentliche Studien sei eine "dem österreichischen Hochschulsystem inhärente Differenzierung", die sich im akademischen Grad widerspiegeln solle.

Name gleich, Bedeutung nicht

Für Schwierigkeiten könnten indes auch der Bachelor Professional und Master Professional sorgen. Denn in Deutschland wurden diese Bezeichnungen jüngst ebenfalls eingeführt, allerdings ohne Bezug zum Hochschulwesen. Vielmehr werden sie dort für rein berufliche Weiterbildungen vergeben. Das Ministerium erklärt dazu mit Spitze Richtung Nachbarland: "Die bildungspolitische Entscheidung, Bezeichnungen auch für außerhochschulische Abschlüsse zu verwenden, die akademischen Graden ähnlich sind, wurde in Deutschland getroffen." Zwar sieht auch IHS-Hochschulexperte Martin Unger das deutsche Vorgehen kritisch. Doch da Deutschland schlichtweg viel größer und gewichtiger sei, werde es nun "zu Verwirrungen kommen, wenn der österreichische Bachelor Professional ein Hochschulabschluss ist, der deutsche aber nicht". (Theo Anders, 19.5.2021)