Glamrock aus der Ewigen Stadt: Gewinnen Måneskin den ESC?

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Gut, auch wenn der 35-jährige Österreicher mit philippinischen Wurzeln Vincent Bueno den Aufstieg ins Finale des 65. Eurovision Song Contest, der heuer in Rotterdam über die Bühne geht, geschafft hätte, wäre er mit seiner Ballade Amen dort wohl kaum aufs Stockerl gekommen. Dass das europäische Publikum nach gefühlten 100 Jahren Pandemie am Samstag eine flotte Nummer zum Sieg voten wird, darf man mutmaßen.

So belegt folgerichtig die Glamrock-Combo Måneskin, die zwar einen dänischen Namen trägt, aber aus Rom stammt, im Moment die Pole-Position bei den Buchmachern. Italien gehört zu den Big-Five-Ländern, also jenen, die am meisten Geld in den Eurovision-Song-Contest-Topf werfen und damit automatisch im Finale antreten.

Eurovision Song Contest

Selbiges gilt auch für Frankreich, das bei den Buchmachern auf Platz zwei liegt und heuer eine Reinkarnation von Édith Piaf ins Rennen schickt. Barbara Pravi heißt die junge Dame, die ihr Empowerment-Chanson Voilà zum Besten geben wird. Flott ist das zwar nicht, doch singt Pravi mit einer gewissen Dringlichkeit, die das Zeug hat, die Menschen zu rühren und zu bewegen.

Glitzer stark vertreten

Wenn die beste Stimme gewinnen soll, läge der Austragungsort des ESC nächstes Jahr in Malta (Buchmacher: Platz drei). Das elektrobeswingte Popbrett der 18-jährigen Destiny, Je me casse (frei übersetzt: "Tschau mit au"), kann sich nämlich hören lassen. Außerdem glitzert ihr Kleid, und wie wir alle wissen, gehört Glitzer zu den zehn Geboten des ESC.

Eurovision Song Contest

Deswegen konnten sich auch so viele Funkelfrauen aus Zypern, Albanien, Serbien, Moldau, Griechenland und Aserbaidschan durchsetzten, deren 08/15-Songs sich fürs ungeübte Ohr nur schwer unterscheiden lassen. Für den Spaßfaktor sorgen der gefallene Engel aus Norwegen, die Ukraine, deren Song man nur als Rave-Folklore bezeichnen kann, und Litauen mit seiner Discohymne und passendem Tanz.

Auch Zurückgenommenes und Unerwartetes geht ins Rennen. Portugal überraschte mit einer tollen Rockballade, Belgien schickte die Trip-Hop-Veteranen Hooverphonic, und der bewegende Schweizer Beitrag von Gjon’s Tears, Tout l’Univers, hat das Zeug, den Einstieg in die Top Fünf zu schaffen.

Fad wird’s jedenfalls nicht, so viel sei versprochen. Trash und gar nicht mal so Übles – wobei der Trash klar überwiegt – werden jedenfalls für gute Unterhaltung beim Finale dieses ersten Großevents in Corona-Zeiten sorgen. DER STANDARD tickert. (Amira Ben Saoud, 22.5.2021)