"Löwinger-Bühne" sagte Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger zum Ibiza-Untersuchungsausschuss, offenbar aus ihrer Erfahrung mit ländlichem Volksschwank schöpfend (für Jüngere: das "Bauerntheater Löwinger" war eine höchst erfolgreiche Truppe mit Stücken wie Seppl auf Brautschau, in den frühen Fernsehjahren dank des Hauptdarstellers Paul Löwinger in seiner Dodl-Rolle sogar ein Quotenhit). Der Mostviertler ÖVP-Abgeordnete Andreas Hanger wiederum, Fraktionschef der Türkisen im Ausschuss, beschwerte sich immer wieder darüber, dass Oppositionsabgeordnete während der Befragungen gar nicht comme il faut Wurstsemmeln oder Chips snackten.

Bundeskanzler Sebastian Kurz und Finanzminister Gernot Blümel.
Foto: ROLAND SCHLAGER/APA/pictured

Ist es das, was vom Ausschuss übrig bleiben wird? Bei nicht wenigen nicht so informierten und informationswilligen Bürgern wird das wohl der Fall sein. Und auch die Behauptung von Kanzler Sebastian Kurz, im Ausschuss werde "einem das Wort umgedreht" (im Zusammenhang mit dem Verdacht der Falschaussage), wird bei manchen ihre Wirkung nicht verfehlen.

Die Wahrheit ist eine andere. Der Ausschuss und seine Befragung nicht nur durch Abgeordnete der SPÖ, Neos und FPÖ, sondern auch durch die sehr kritischen Vertreter der Grünen (in Koalitionsregierung) haben jetzt schon einen sehr detaillierten und aufschlussreichen Blick ins Innere der türkis-blauen Politikmethode ergeben. Zuletzt wesentlich mehr in die türkise Sphäre.

Bauchweh-Stimmen

Selbstverständlich waren es die Chats zwischen den Hauptfiguren Kurz, Finanzminister Gernot Blümel und beider Vertrauensmann Thomas Schmid – Stichwort "Kriegst eh alles, was du willst" mit drei Bussi-Emojis von Kurz an Schmid –, die sowohl die interne Tonlage wie die Art der "Postenvergabe" illustrieren. Aber auch die Art, wie sich die Befragten (und ihre türkisen Unterstützer im Ausschuss) verhielten, sprach und spricht Bände. Die Protokolle (im STANDARD-Ticker und auf der Website des Parlaments nachzulesen) zeigen Politikverantwortliche und ihre Zuarbeiter, die sich in wichtigsten Fragen an nichts erinnern können, die ausweichen, mit Verfahrensfragen Zeit schinden – und offenbar ihre Befrager und damit das allgemeine Publikum für blöd halten. Blümel etwa fragte nach, um welchen Aufsichtsrat es gehe, nachdem die ganze Zeit von der Staatsholding Öbag die Rede war.

Die wirklichen Hämmer ergaben sich allerdings aus der Befragung mit Mitarbeitern der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft. Man sei aktiv bei den Ermittlungsarbeiten behindert worden, bekräftigte ein Staatsanwalt am Dienstag wiederum.

Der Ausschuss wird – mit den Bauchweh-Stimmen der Grünen – nicht verlängert bzw. unter ungünstigen Bedingungen im Herbst wiederaufgenommen. Ein Teil der Öffentlichkeit wird den türkisen Spin von unfairer Befragung glauben, ein Teil wird sehr wohl eine Struktur der türkisen Machtpolitik erkennen – und ein Teil wird über die Problematik gar nichts erfahren, weil die ihm zugänglichen Medien gar nicht oder verzerrt berichten.

Es wird allerdings mit einiger Wahrscheinlichkeit zu einer Anklage gegen Kurz wegen Falschaussage vor dem Ausschuss kommen. Das wäre dann sehr wohl ein bemerkenswertes Ergebnis, wie immer es dann weitergeht. (Hans Rauscher, 25.5.2021)