Wer allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) benützt, sollte seinen Vertragspartner darin bei Nebenleistungen nicht gröblich benachteiligen. Eine solche Klausel wäre gemäß § 879 Abs 3 Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch (ABGB) nichtig. Dasselbe gilt für "Vertragsformblätter", und das können auch Arbeitsverträge sein.

In Arbeitsverträgen kann nichts wirksam vereinbart werden, was zulasten des Arbeitnehmers von zwingenden arbeitsrechtlichen Bestimmungen abweicht – so etwa eine Normalarbeitszeit von 50 Wochenstunden, tägliche Kündbarkeit oder ein Gehalt unter dem Kollektivvertrag. Es gibt aber einige Bereiche, die dispositiv – also frei vereinbar – sind, etwa die Vereinbarung von Verfallsklauseln, weitgehend auch Provisionsbestimmungen. Hier dürfen auch für die Arbeitnehmerin ungünstige Vereinbarungen getroffen werden.

Null und nichtig?
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Umstritten war, ob solche nachteiligen Nebenbestimmungen auch dann wirksam vereinbart werden können, wenn sie sich in vorgegebenen Standardverträgen befinden. Vorformulierte Arbeitsverträge, bei denen die Arbeitnehmer in derselben Lage sind wie bei der Verwendung von AGB durch "strukturell überlegene" Partner, seien AGB bzw. Vertragsformblättern gleichzuhalten – und darin enthaltene Nebenbestimmungen, die den Arbeitnehmer gröblich benachteiligen, nichtig.

Schlichtungsversuch gefordert

Das bestätigt nun der Oberste Gerichtshof in einer Entscheidung, die einen Arbeitsvertrag mit einer Schlichtungsklausel betraf (OGH 29.04.2021, 9 ObA 47/20g). Die Klausel zwang den Arbeitnehmer, und zwar nur ihn (!), vor einer Klage beim Arbeits- und Sozialgericht einen Schlichtungsversuch vor einer ad hoc einzurichtenden Schlichtungsstelle zu starten. Das ist laut OGH gröblich benachteiligend, weil es nur die Durchsetzung der Arbeitnehmerrechte verzögert und verteuert, nicht hingegen die Geltendmachung von allfälligen Ansprüchen des Arbeitgebers.

Zusätzlich beurteilte er den konkreten Arbeitsvertrag als Vertragsformblatt. Er war zwar der Form nach individuell gestaltet, aber doch erkennbar standardisiert – weil etwa im Vertrag "der/die DienstnehmerIn" stand. Die Schlichtungsklausel ist daher wegen § 879 Abs 3 ABGB nichtig.

Wer Klauseln mit Arbeitnehmern vereinbaren will, die diese benachteiligen, sollte zunächst prüfen, ob es zwingendes Recht verletzt. Wenn nicht, besteht immer noch die Gefahr einer Nichtigkeit. Um diese auszuschließen, sollten derartige Klauseln nachweislich individuell ausverhandelt werden. Das kann zum Beispiel Vereinbarungen zu Provisionen, unentgeltlicher Erreichbarkeit (Rufbereitschaft) oder stark verspätetem Aufwandersatz betreffen. Vorsicht ist immer dann geboten, wenn das wirtschaftliche Risiko auf den Arbeitnehmer überwälzt wird. (Kristina Silberbauer, 4.6.2021)