Die Ausstellung "Draft" versammelt Handskizzen.

Foto: Michael Nagl

Skizzieren ist abenteuerliches Nachdenken auf dem Papier", hat Gustav Peichl einmal gesagt. "Eine Zeichnung gibt Anregung, wie der Entwurf weitergehen soll. Das kann ein Computerbild gar nicht." Kein Wunder also, dass das Gustav-Peichl-Archiv an der Akademie der Künste Berlin mehr als 4.000 Skizzen, Zeichnungen und Entwürfe des Wiener Architekten umfasst – und da sind seine unzähligen politischen Karikaturen noch gar nicht miteingerechnet. Peichl, in einem Interview mit dem STANDARD: "Heute zeichnet ja kaum ein Student mehr. Die sind alle per Mausklick unterwegs."

Die Ausstellung Draft in der Künstlerhaus-Factory tritt den Gegenbeweis an. Zwölf kunst- und architekturschaffende Mitglieder des Künstlerhauses haben sich zusammengetan, um eine kollektive Liebeserklärung an den Entwurfsprozess, an den Moment der allerersten formalen Manifestation einer kreativen Idee abzugeben. In unterschiedlich großen Plexiglasboxen, die auf dem Boden stehen oder an der Wand hängen, sind verschiedene Handschriften dokumentiert. Der Spannungsbogen reicht von chinesischer Kalligrafie über dramatische Perspektiven bis hin zur sprichwörtlichen Skizze auf der Serviette. Der 13. Ehrengast in der Runde ist der 2019 verstorbene Peichl.

"Es geht nicht um die eine tolle Meisterskizze", sagt die Wiener Lichtarchitektin Andrea Graser, die in der Ausstellung mit einem dreidimensionalen Arbeitsmodell vertreten ist. "Viel wichtiger ist, dass uns die Skizzen Einblick geben in den Denk- und Entwurfsprozess, der am Anfang jedes Architekturprojekts steht." Manchmal ist das ein fetziges Herumgeschmiere, manchmal eine mit dem Lineal gezogene Perspektive, manchmal ein schwarz-weißes Aquarell der umgebenden Mutter Natur.

Draft ist die Dokumentation eines vom Aussterben bedrohten Handwerks. Und eine Miniausstellung für Nerds und Lineasten. (Wojciech Czaja, 8.6.2021)