Die Polizei nahm im Zuge der Operation "Trojan Shield" 81 Personen in Österreich fest.

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400 Polizisten, darunter Spezialkräfte von Cobra und Wega, standen kürzlich vor den Haustüren von mutmaßlichen Drogen- und Waffenhändlern in Wien, Niederösterreich, Salzburg und Vorarlberg. Es war der "Action Day" der "Operation Achilles", der Anfang dieser Woche von den Behörden durchgeführt wurde. Die Ergebnisse der Operation wurden am Mittwoch bekanntgegeben, und die Bilanz ist durchaus beachtlich: Insgesamt 81 Personen wurden festgenommen, neben 35 Waffen und 650.000 Euro an Bargeld wurden auch 707 Kilogramm an Suchtmitteln – darunter 390 Kilo Marihuana, 30 Kilo Kokain und 26 Kilo Heroin – sichergestellt.

Bei der Aktion handelt es sich um den vorläufigen Höhepunkt internationaler Ermittlungen im Bereich der organisierten Kriminalität. Die Operation, die hierzulande unter dem Namen Achilles firmiert, läuft international unter "Operation Trojan Shield" und wurde federführend vom FBI in Zusammenarbeit mit Europol umgesetzt. Es handelt sich dabei um eine der größten und aufwendigsten Polizeiaktionen im Bereich der organisierten Kriminalität nicht nur in Österreich, sondern auch international: Im Zuge der Ermittlungen konnten mehr als 800 Verdächtige, die in hundert Ländern aktiv gewesen sein sollen, festgenommen werden. Laut dem FBI wurden deshalb hundert Morde verhindert. Über 30 Tonnen Suchtmittel wurden nach 700 Hausdurchsuchungen beschlagnahmt, viele Millionen Nachrichten und Gespräche abgehört.

Balkan-Verbindungen

Sowohl Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) als auch Justizministerin Alma Zadić (Grüne) orten einen "massiven Schlag" gegen die organisierte Kriminalität auch hierzulande. Ermittler sprechen jedenfalls davon, dass auch ein Schlag gegen die obere Riege von Mafiastrukturen gelungen sei. Das Bundeskriminalamt verweist bei den Gruppierungen auf "sehr starke Verbindungen zum Balkan".

Von den hierzulande Festgenommenen befinden sich bis dato 28 Personen in der Justizanstalt Josefstadt. Für 13 Personen wurde mit Stand Mittwochnachmittag auch bereits Untersuchungshaft beantragt. Den mutmaßlichen Haupttätern wird internationaler Drogenhandel in größerem Stil vorgeworfen. Der vermutlich größte Fisch, der in Wien ins Netz gegangen ist, ist ein in Serbien gesuchter Mann, der in Zusammenhang mit drei Morden gebracht wird. Gegen ihn lag auch ein internationaler Haftbefehl vor, allerdings in Zusammenhang mit Suchtgiftdelikten. Bei seiner Festnahme wurden zudem zehn Kilo Heroin gefunden.

Durch hiesige Ermittlungen ebenfalls geklärt werden konnte eine Entführung in Serbien. Ebenso eine schwere Misshandlung in Wien: Ein Opfer soll bei einer kriminellen Organisation Schulden gehabt haben und deshalb in einen Keller verschleppt worden sein. Dort wurde die Person offenbar mit einem Hammer malträtiert, das Ganze soll auch auf Video festgehalten worden sein. Zwölf Haftbefehle müssen noch vollstreckt werden.

Die Erfolgsgrundlage für den Coup lieferten Kryptohandys, die das FBI in über 300 kriminellen Organisationen einschleuste bzw. ihnen verkaufte (siehe unten). Daraus gewonnene Daten stellte das FBI österreichischen Behörden zur Verfügung. Die Behörden werden noch Monate damit beschäftigt sein, alle Daten auszuwerten. Ermittler gehen deshalb noch von weiteren Zugriffen aus.

Innenminister Nehammer sprach davon, dass es hierzulande ein großes Ziel sei, verschlüsselte Nachrichten durchbrechen zu können: "Es darf keine blinden Flecken geben, wo die Polizei nicht hinschauen kann."

Noch kein Bundestrojaner

Die jetzigen Ermittlungen gründeten aber eben durch das Einschleusen von Geräten auf einer anderen Methode. Worauf Nehammer davon unbeirrt anspielt: Im Regierungsprogramm ist die Etablierung eines sogenannten Bundestrojaners vorgesehen – einer Software, mit der Ermittler künftig Geräte verdächtiger Nutzerinnen und Nutzer unterwandern wollen. Dabei wird eine Sicherheitslücke des jeweiligen Betriebssystems ausgenutzt, um die Kommunikation zu überwachen.

Das letzte Vorhaben der türkis-blauen Regierung zum Einsatz einer solchen Software ist 2019 vom Verfassungsgerichtshof gekippt worden. Auf STANDARD-Anfrage heißt es aus dem Justizministerium, dass es noch "keine konkreten Pläne zur Umsetzung" gebe. (Muzayen Al-Youssef, Vanessa Gaigg, 10.6.2021)