Ex-Sozialdemokrat Johannes Mathes trägt noch Anzug. Seine neuen Mitstreiter von der Volkspartei, Ursula Bittner (links) und Lorenz Mühlegger (rechts), kommen, wie es sich gehört, lieber in Tracht zum Fototermin.

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Es gibt politische Stücke, die spielen abseits der großen Politbühnen von Bundes- oder Landeshauptstadt – großes Kino auf kommunalpolitischer Ebene quasi. Ein derartiges Stück wird aktuell in der sonst beschaulichen Kur- und Kaiserstadt Bad Ischl im Vorfeld der oberösterreichischen Landtags-, Gemeinderats- und Bürgermeisterwahlen gegeben.

In der Hauptrolle: Johannes Mathes, 44 Jahre alt, Jurist und Nebenerwerbslandwirt. Der Bad Ischler war Referent in der Salzburger SPÖ, ehe er 2016 zum Landesgeschäftsführer aufstieg. Mit dem Wechsel an der Spitze der Sozialdemokraten von Walter Steidl zu David Egger 2020 war auch Mathes' Zeit in der Salzburger SPÖ zu Ende. Er wurde vor rund einem Jahr vom Gewerkschafter Gerald Forcher in dieser Funktion abgelöst.

Neuorientierung

Mit seinem Abschied vom SPÖ-Job hat er begonnen, sich inhaltlich neu zu orientieren. Das Ergebnis dieser Neuorientierung verkündete er dann mit großer Geste Anfang Mai 2021: "Bekanntgabe einer persönlichen Erklärung von Hannes Mathes", stand in der Einladung an die Medien in die kaiserlichen Stallungen zu lesen.

Inhalt der Erklärung: Mathes kehrt der SPÖ den Rücken und kandidiert mit einer eigenen Liste für das Amt des Bürgermeisters und bei der Gemeinderatswahl.

Gegen die SPÖ

Der Hauptstoß der Kandidatur richtet sich gegen die Sozialdemokratie – zwangsläufig, da die SPÖ bei den Wahlen im September 2015 mit großem Abstand Platz eins belegt hatte: Mit über 46 Prozent erreichte sie mehr Stimmenanteile als ÖVP und FPÖ zusammen (jeweils etwa 21 Prozent). Bürgermeisterkandidat Hannes Heide kam bei der Direktwahl gleich im ersten Wahlgang auf satte 71 Prozent.

Die Ausgangslage hat sich inzwischen freilich deutlich geändert. Heide wechselte 2019 in das Europaparlament, seine Nachfolgerin auf dem Bürgermeistersessel wurde Sozialstadträtin Ines Schiller. Eine Amtsübergabe, die zumindest bei der Konkurrenz für Kritik sorgte, ist die ehemalige Volksschullehrerin Schiller doch auch die Lebensgefährtin von Ex-Bürgermeister Heide – das Amt blieb also quasi in der Familie.

Mit der ÖVP

In der Folge präsentierte Mathes dann fast im Wochentakt Neuzugänge seiner Bürgerbewegung: abgesprungene Sozialdemokraten, eine Bürgerinitiative – und mit dem ehemaligen Bauamtsleiter und dem ehemaligen Wirtschaftshofleiter auch zwei unzufriedene Ex-Gemeindebedienstete.

Ende Mai wurde endgültig klar, wohin die Reise geht: Unter dem Titel "Zukunftspartnerschaft" wurde ein Abkommen zwischen Mathes und der Bad Ischler ÖVP präsentiert. Die ÖVP verzichtet auf eine eigenständige Kandidatur. Inhaltlich geht es um neue zentrumsnahe Parkplätze und um das Aussetzen der Gastgartenpacht für 2021 – eine Art Corona-Entschädigung für die Wirte.

Vier Listen

Ob und welche Absprachen es hinter den Kulissen bezüglich einer allfälligen Mandatsverteilung im 37 Köpfe zählenden Ischler Gemeinderat gebe, wollte Mathes dem STANDARD nicht persönlich beantworten, es seien einfach sehr viele Termine wahrzunehmen, teilte ein Pressesprecher mit. Via Mail war dann zu erfragen, dass die Liste erst im Juli erstellt werde.

Dass sich Freiheitliche und Grüne ebenfalls auf der Liste wiederfinden werden, dürfte auszuschließen sein. Somit werden Ende September neben Mathes die Grünen, die FPÖ und die Bürgermeisterin-Partei SPÖ auf dem Stimmzettel stehen.

Stichwahl möglich

Warum der ehemals ranghohe Parteifunktionär eine derart radikale Wende hingelegt hat, kann man sich in der Salzburger SP nicht erklären. Man habe sich von Mathes einvernehmlich getrennt, sagt sein Nachfolger als Parteimanager, Forcher. Mehr gebe es nicht zu kommentieren.

Auch Bürgermeisterin Schiller will über die Kehrtwende von Mathes, der vor seinem Job bei der Salzburger SPÖ kurz auch Jugendstadtrat in Ischl war, nicht spekulieren. Dieser sei "ein Mitbewerber" wie andere auch, übt sich Schiller in Gelassenheit und zählt gleich eine Liste von Projekten für die kommenden Jahre auf: Diese reichen von einer Begrenzung der Zweitwohnsitze und neuen Mietwohnungen für junge Ischler und Ischlerinnen über ein Grünflächenmanagement und einen eigenen Gestaltungsbeirat nach Vorbild der Stadt Salzburg bis zur Erhöhung der Bettenkapazität. Schon jetzt müssten immer wieder Kongresse wegen des Bettenmangels in Bad Ischl abgesagt werden.

Also Gelassenheit pur? Nicht ganz. "Dass ich bei der Bürgermeisterwahl in die Stichwahl muss, kann passieren." (Thomas Neuhold, 10.6.2021)