Michael Tojner fordert Schadenersatz vom Land Burgenland.

Foto: Regine Hendrich

"Ich bin zum ersten Mal in meinem Leben in Eisenstadt", mit diesem geographisch-biographischen Geständnis wartete Michael Tojner jüngst vor dem Landesgericht der burgenländischen Hauptstadt auf. Was ihn dorthin gebracht hat? Der Unternehmer hat das Land Burgenland auf Schadenersatz geklagt, am Montag wurde er vom Richter dazu befragt. Zum Schluss saß Tojner wie auf Nadeln: Er musste zum Flieger.

Tojners Klage auf rund 420.000 Euro hängt unmittelbar mit der Strafanzeige des Landes gegen ihn zusammen, auf deren Basis die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft u. a. wegen Betrugsverdachts gegen den Unternehmer und rund 40 andere ermittelt. Es geht um den Vorwurf, Tojner habe dem Land bei den Deals mit den Wohnbaugenossenschaften Gesfö, Riedenhof, Pannonia mittels zu niedriger Immobilienbewertungen zu wenig an Abschlagszahlung geleistet. Tojner bestreitet das.

320.000 Euro Beratungskosten

Er wirft dem Land nun vor, es habe rund um die Anzeige Anfang 2019 u. a. dem Amtsgeheimnis unterliegende Informationen an Medien gespielt. So seien die Ermittlungen öffentlich bekannt geworden – als er noch gar nichts davon wusste. Er bzw. seine Unternehmen (wie Varta, Montanatech, Wertinvest) hätten, um Schaden abzuwenden, Kommunikationsberater, Gutachter, Anwälte beiziehen müssen. Die Kosten – rund 320.000 Euro – will er zurück. Der Rest entfällt auf ein Feststellungsbegehren.

In der Verhandlung schilderte Tojner, er selbst habe von der Anzeige aus einem ORF-Auftritt von Landeshauptmann Hans-Peter Doskozil (SPÖ) am 19. oder 20. Jänner 2019 erfahren. Medien hätten Entwürfe der Anzeige gehabt, er habe die erst eine Woche später ergattert. Das alles habe ihn völlig unvorbereitet getroffen, "dieses Manöver ist (dem Land; Anm.) geglückt".

"Thema mit aller Macht erschlagen"

Also habe er seine besten Experten zusammengetrommelt, um sich zu wehren. Der Output des "Projekts" als das er dieses Unterfangen betrachtet: Bewertungsgutachten, Expertisen von Straf- und anderen Juristen, von Professoren. "Warum nahmen Sie so viel Geld in die Hand?", fragte der Richter. Tojners Antwort: "Ich wollte das Thema mit dem Burgenland mit aller Macht erschlagen." Eine Wortwahl, die dem Richter ein "Oh, das ist jetzt im Justizbereich nicht so gut" entlockte.

Tojner berichtete in seiner Einvernahme von einem "Bombardement an Berichterstattung", das nicht nur seine Beteiligungen, sondern auch ihn und seine Familie massiv beeinträchtigt habe. Er wollte damals Rapid-Präsident werden (wie Doskozil), sei Präsident der Schule seiner Kinder gewesen "und es ist ja nicht lustig, wenn der Präsident mit Betrugsvorwürfen konfrontiert ist". Vor allem habe er auch die kreditgebenden Banken beruhigen müssen. "Ich habe wochenlang hundert Prozent meiner Arbeitszeit dafür aufgewendet", schilderte der Unternehmer seinen Einsatz.

Land nicht vergleichsbereit

Die rechtlichen Fragen, um die sich der Prozess dreht: Gab das Land unerlaubterweise Unterlagen weiter und wären Tojner die Kosten bzw. ein Teil davon nicht sowieso entstanden, wenn das Strafverfahren spätestens nach der Hausdurchsuchungswelle bekannt geworden wäre? Antworten wird es so rasch nicht geben, die nächste Verhandlung soll im Herbst stattfinden. Zwar würde sich Tojner, der in Eisenstadt von den Anwälten Karl und Stefanie Liebenwein vertreten war, gern vergleichen mit dem Land, dessen Vertreter Johannes Zink lehnte ein solches Ansinnen aber ab.

Das Land schließt ein Fehlverhalten aus, bei der Klage handle sich um den Versuch, die Verteidigungskosten Tojners auf die Steuerzahler abzuwälzen, meinte Anwalt Zink auf Anfrage des STANDARD.

Auch Brandstetter beriet

Zu diesem Kosten zählen auch die Honorare von Verteidiger, Ex-Justizminister und Ex-VfGH-Richter Wolfgang Brandstetter. Rund 165.000 Euro stellte er für rund ein halbes Jahr in Rechnung; das detaillierte Leistungsverzeichnis fehlt dem Gericht noch. Dass die Filmproduktionsfirma Petrocelli GmbH von Brandstetters Sohn die Honorarnoten für diese Rechtsberatung gelegt hat, wunderte den Richter: "Das lässt der Unternehmensgegenstand nicht erwarten".

Brandstetter erklärt das auf Anfrage so: Er sei früher Gesellschafter gewesen, habe im Rahmen der Petrocelli GmbH ("Ist nicht nur eine Filmgesellschaft") Rechtsberatungsleistungen erbracht. Als er Minister wurde, habe er die Anteile zurückgelegt, seit seinem Ausscheiden aus der Regierung 2017 habe er seine Beratungstätigkeit wieder aufgenommen. Er erbringe seine "Rechtsberatungsleistungen im Rahmen meines Gesellschaftsverhältnisses mit der Petrocelli, nunmehr stille Gesellschaft". Das alles sei "steuerlich geprüft und völlig korrekt". Und, so erklärt er gleich dazu: Namensgeber der Gesellschaft sei Tony Petrocelli, Verteidiger aus der gleichnamigen US-Fernsehserie aus den 1970er-Jahren.

Seinen Flieger hat Tojner am Montag dann noch erreicht. (Renate Graber, 26.6.2021)