Auch Daniel Kehlmann kommt nach Lech, um sich zumindest indirekt mit dem reinen Toren zu beschäftigen.

Foto: H. Corn

Mehrtägige Literaturveranstaltungen, die mittlerweile gern Festivals genannt werden, können entweder auf Vielfalt und Abwechslung setzen – oder auf literarische Substanz und Relevanz. Wobei das eine das andere nicht ausschließen muss. Das Literaricum in Lech, das vom 8. bis zum 10. Juli zum ersten Mal stattfindet, versucht diesen Spagat.

Alles dreht sich beim Literaricum, das von der Journalistin Nicola Steiner geleitet wird, der die Autoren Michael Köhlmeier und Raoul Schrott beratend zur Seite stehen, um jeweils einen Klassiker. Diesmal: Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausens Roman Simplicius Simplicissimus aus dem 17. Jahrhundert, in dem ein reiner Tor, der allerdings auch ein Verwandlungskünstler mit Trickser- und Schelmqualitäten ist, durch die heillose Welt des Dreißigjährigen Kriegs taumelt. Diesem "Simplicius kommt in der Welt alles seltsam vor – umgekehrt er der Welt aber auch". Aus diesem Befremden lassen sich literarisch Funken schlagen, Thomas Mann attestierte dem Roman, "kochend von Leben" und "mit Tod und Teufel auf Du und Du" zu sein.

Krieg und Narrentum

So vielschichtig wie dieses Buch präsentiert sich auch das Programm: Daniel Kehlmann, dessen Roman Tyll während des Dreißigjährigen Krieges spielt, wird am Donnerstag (8. Juli) mit der Rede "Teutsche Sorgen oder die Entdeckung der Sprache" eröffnen. Am Freitagmorgen (9. Juli) diskutiert Reinhard Kaiser, der den Simplicissimus behutsam aus dem Barockdeutsch in die Sprache unserer Zeit übersetzte, mit Thomas Strässle über die Aktualität des Simplicissimus. Über den Vorgang des Übersetzens spricht Kaiser dann am Nachmittag mit Raoul Schrott, der anschließend auch den Kriegsreporter Wolfgang Bauer zu seiner Arbeit befragt. Zum Abschluss am Samstag (10. Juli) reden Steiner und Felicitas Hoppe über "kindliche Neugier und Narrentum". (steg, 30.6.2021)