Es ist gar nicht so einfach, das Team HC Strache zu erreichen. Ruft man Albrecht Spaun an, jenen Mann, der rund um die Wien-Wahl die Termine koordinierte, dann erfährt man, dass er die Arbeit für die Partei niedergelegt hat. Auch Roland Hofbauer, der verschickte rund um die Wahl Presseaussendungen, sagt, er habe mittlerweile einen neuen Job. Auf der Website der Wiener Landespartei ist als Kontakt für Medienanfragen Gernot Rumpold angegeben. Er arbeite "schon lang nicht mehr" bei der Partei, sagt er, das habe sich "mit der Wahl erübrigt".

Doch die Partei existiert, gerade eben tourte sie samt Heinz-Christian Strache durch die Bundesländer. Nächster Schritt und erklärtes Ziel ist der Einzug in den Nationalrat, freilich mit Strache an der Spitze.

Karl Baron ist einer der drei Abtrünnigen, die die Spaltung der FPÖ initiierten und das spätere THC gründeten. Momentan ist man damit beschäftigt, Geld aufzutreiben.
Foto: Heribert Corn

Derweil aber beschränkt sich die politische Arbeit des THCs auf 16 Bezirksräte, die quer über Wien verteilt sitzen. Einer von ihnen ist Gerhard Böhm, er sitzt in der Leopoldstadt. Er hat Muskeln so dick wie ein Kinderkopf, seine Stimme ist sanft, seine Worte wählt er mit Bedacht. Nachdem die FPÖ ihr Knittelfeld erlebte, seien die Straßen plötzlich voll mit Plakaten mit dem Gesicht jenes Politikers gewesen, der viele Jahre später Vizekanzler werden sollte. Böhm, gelernter Koch, kannte Strache damals nicht, lauschte aber bald einer Rede auf dem Viktor-Adler-Markt.

Er begann, sich in der FPÖ zu engagieren. Seine politische Ziehmutter Erika Landegger, nun THC-Bezirksrätin in der Brigittenau, die ihn zum Interview mit dem STANDARD begleitet, stellte Verbindungen her, sodass Böhm 2015 FPÖ-Bezirksvertreter in Brigittenau wurde.

Ärger mit der blauen Familie

Weil die FPÖ Strache aus der vielbeschworenen "Familie" geworfen hat, kehrte Böhm ihr den Rücken zu. Es ist ein Umgang der Kameraden mit seinem Idol, den Böhm nachfühlen kann. Er selbst wurde einmal für ein diffamierendes Facebook-Posting wegen Verhetzung angezeigt und zwischenzeitlich dienstfrei gestellt. Inzwischen habe sich die Sache geklärt, sagt Böhm. Er arbeite nach wie vor beim selben Arbeitgeber und bereut die Zeilen, die er damals eilig in der U-Bahn tippte. Doch in der FPÖ Brigittenau wurde er damals von fast allen schnell gemieden.

Dann doch lieber mit Strache. Dort, so meint Böhm, mag er, dass es keinen Klubzwang gibt. Jetzt bezeichnet er sich als "überkoalitionär" und stimmt etwa auch für einen Antrag, nach dem schwule, bisexuelle Männer und transidente Personen einen freien Zugang zur Blutspende bekommen sollen. "Blut ist Blut", sagt Böhm, "spende Blut, rette Leben, das hat schon meine Mutter gesagt."

Ein paar Kilometer nördlich steht zwischen Lastwägen und Ferraris Karl Baron, Transportunternehmer und Gründungsmitglied des THCs. Ein kurzer Rückblick: Anfang Oktober, nach Ibiza und der Spesenaffäre, wurde Strache von der FPÖ suspendiert. Als die Gerüchte sich verdichteten, dass er endgültig ausgeschlossen werden soll, schmiedeten Karl Baron, Dietrich Kops und Klaus Handler den Plan, eine Partei zu gründen. Weil sie für die FPÖ bereits im Gemeinderat saßen, hatten sie von Tag eins weg Zugang zu Fördergeldern. Das geschah am 12. Dezember, einen Tag später flog Strache aus der FPÖ. Es folgte ein Eiertanz, bei dem schnell klar wurde, dass er sich der neuen Partei anschließen wird, was Ende April geschah. Mitte Mai wurde Die Allianz für Österreich in Team HC Strache umbenannt, bei der Wien-Wahl blieb man allerdings deutlich unter der Fünf-Prozent-Hürde.

Kein Kontakt zu alten Kameraden

Baron sitzt nun also im 22. im Bezirksrat – schon wieder. Schon in den 90ern war er hier Bezirksklubobmann, damals noch für die FPÖ, später im Gemeinderat. "Jetzt geht es eben wieder um scheppernde Kanaldeckel und Parkbanksicherstellungen, da muss man sich erst wieder umgewöhnen", sagt er. Zu seinen früheren Kollegen aus der FPÖ habe er keinen Kontakt. Manche würden ihn schon treffen wollen, doch sie hätten Angst vor Problemen mit der FPÖ. Selbst mit Dominik Nepp, einst Vizebürgermeister Wiens und Trauzeuge Barons, soll Funkstille herrschen. Mit Johann Gudenus, Ex-Klubobmann der FPÖ und Nebenrolle im Ibiza-Video, auch. Nachdem FPÖ-Klubobmann Herbert Kickl seinen Vorgänger Norbert Hofer abmontierte, hätten Blaue beim Team HC geklopft, erzählt Baron. Doch wer jetzt erst auf die Idee komme, nun Team Strache zu sein, dem steht man mit Argwohn gegenüber. Namen nennt er nicht, doch 20, 30 Leute seien das schon gewesen.

Erika Landegger und Gerhard Böhm sind für das Team HC Strache in den Bezirken.
Foto: Heribert Corn

Oberösterreich wählt im Herbst, nach der Wien-Wahl hatte das THC angekündigt, dort zu kandidieren. Von einem Millionenkredit war damals die Rede, mit dem man das finanzieren werde. Aus dem Kredit wurde nichts, der Geldgeber soll ihn an eine Wiedervereinigung mit der FPÖ geknüpft haben. Noch immer zahlt die Partei Kredite zurück, mit denen der Wien-Wahlkampf finanziert wurde, nach neuen ist man auf der Suche, heißt es. Auch da fallen keine Namen, doch Gespräche würden laufen, wieder soll es um Millionen gehen.

Was die Mitgliederzahlen angeht, so spricht Generalsekretär Christian Höbart von einer Zahl zwischen 1.500 und 2.000, Kops geht von etwa 3.000 aus. Bei der Bundesländertour habe man das eine oder andere neue Gesicht gewinnen können, "allein in Vorarlberg 40 neue", sagt Höbart und damit "fast alle, die beim Bierstandl waren". Im September sollen die Landessprecher präsentiert werden.

Verlorene Mitglieder

Einige Mitglieder hat man auf dem Weg aber auch verloren. So etwa Ex-FPÖ-Bezirksrat Wolfgang Cadilek. Der überwarf sich mit dem ehemaligen blauen Gemeinderat Günter Kasal, der sich aus seiner Sicht ohne Absprache als Favoritner Klubobmann installieren wollte. Dabei hätte Kasal sein Mandat überhaupt nur annehmen sollen, wenn THC einen Bezirksvorsteher oder Stellvertreter schafft, wie Cadilek dem "Kurier" erzählte. Es sei Kasal nur um die Gage des Klubobmanns gegangen, was dieser bestreitet. Cadilek trat aus der Partei aus und ist nun wilder Abgeordneter.

Oder Christina "Kiki" Kohl, die fand ihren Weg in die mediale Öffentlichkeit, als sie ihren Job bei der AUA verlor, weil sie auf einer Demo "Soros muss weg" brüllte. Sie habe sich ins Aus gestellt, sagen die jetzigen Parteimitglieder. Darüber, ob sie ging oder gehen musste, divergieren die Angaben. Von einer Handvoll weiteren, "die in dem Corona-Eck verharrt sind", so nennt das Höbart, habe man sich ebenfalls getrennt.

Heute betreibt Kohl einen Telegram-Channel, dort macht sie gegen Corona-Tests und Impfungen Stimmung. Und: Gemeinsam mit Petar Knezevic organisiert sie Demos. Auch Knezevic ist kein Unbekannter. Eigentlich wollte er für das Team HC Strache antreten, doch nachdem ein Video öffentlich wurde, in dem er den Kanzler derb beschimpfte, erteilte die Partei dem eine Absage. Parteimitglied sei er noch, sagt Knezevic heute, doch nicht mehr aktiv: "Ich möchte nie wieder einer Partei angehören, die sind alle gleich."

Strache auf Verfahren konzentriert

Was aber ist die Existenzberechtigung der Partei, mit Strache selbst? Von dem hört man derzeit nur selten. An dem Abend, als Hofer zurücktrat, beeilte Strache sich damit, in Medien seine Einschätzung zum Besten zu geben. Vergangene Woche sorgte für Aufsehen, dass er nur knapp einem Brand auf einer Motoryacht in Kroatien entkam. Infolgedessen sagte er seinen Aussagetermin im Ibiza-U-Ausschuss ab. Abgesehen davon ist er Geschäftsführer einer Unternehmensberatungsfirma. Wer seine Kunden sind, ist nicht bekannt. Strache selbst wollte mit dem STANDARD für diese Geschichte nicht reden. Er konzentriert sich voll auf sein Verfahren, schreibt er.

Ab Dienstag steht das Gesicht der Partei vor Gericht. Der Vorwurf lautet Bestechlichkeit, es geht um einen möglichen Gesetzeskauf. Zwar halten Baron und Co zu Strache und glauben, dass sich alles irgendwie doch zum Guten wenden wird. Aber auch sie wissen, dass die Zukunft des Teams davon abhängt. Mögliche Geldgeber zieren sich deshalb noch, ob sie Kredite in die finanziell marode Partei pumpen sollen. Und: Eine Verurteilung würde einer Spitzenkandidatur Straches bei einer Nationalratswahl entgegenstehen. Ohne Strache aber wäre der Sinn der Partei "komplett verloren", eine "dünne Suppe" wäre das dann, sagt Baron. Auflösen würde man sich allerdings trotzdem nicht. (Jan Michael Marchart, Gabriele Scherndl, 6.7.2021)