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Künstlerinnenporträt mit Pinsel: Maria Lassnig, eingefangen 1998 von Franz Hubmann in ihrem Atelier, wie immer in Schwarz-Weiß.

Foto: Franz Hubmann/ imagno/picturedesk.com

Keine Wiener Vernissage ohne ihn. Mit dabei hatte Franz Hubmann immer seine Fotokamera, mit der er am liebsten Künstlerinnen und Künstler einfing. Wobei: Künstlerinnen gab es in der Nachkriegszeit wenige, solche, denen in großen Ausstellungshäusern Platz eingeräumt wurde, noch weniger.

Es überrascht also nicht wirklich, dass von den 118 Künstlerporträts, die von Franz Hubmann derzeit in der Wiener Albertina ausgestellt sind, nur eine Handvoll Frauen zeigen. Ein Porträt von Maria Lassnig mit Pinsel ist darunter und zwei Aufnahmen von Germaine Richier, die beinahe hinter ihren Skulpturen verschwindet. Der Rest der Ausstellung ist jungen Wilden und alten Schwierigen gewidmet, also männlichen Kreativzampanos und genialischen Kunstberserkern.

Sie zu fotografieren war für den 2007 verstorbenen Fotografen Franz Hubmann zeit seines Lebens eine besondere Leidenschaft. Dabei war der 1914 in Ebreichsdorf geborene Spätberufene (in der Zwischenkriegszeit leitete er eine Hutfabrik) genauso der Architektur und Landschaftsbildern zugetan. Hubmann war Bildjournalist, oder wie man in den 1950er-Jahren sagte: "Life-Fotograf", womit Fotografen gemeint waren, die Reportagen im Stil der US-Zeitschrift Life fotografierten.

Bildserien im Atelier

Im Mittelpunkt stand dabei immer der Mensch, der in der Tradition von Henri Cartier-Bresson möglichst absichtslos in seiner herkömmlichen Umgebung abgebildet wurde. Umgelegt auf Hubmann und seine Künstlerporträts in Schwarz-Weiß bedeutete dies umfangreiche Bildserien in Ateliers oder Ausstellungsräumen, bei Vernissagen und manchmal einfach auf der Straße. Als Hubmann 1957 längere Zeit in Paris weilte, fing er etwa Alberto Giacometti beim Aufbruch aus seinem Atelier ab. Nur wenige Sekunden blieben ihm, um jene Bilder des scheuen Bildhauers zu machen, die später ikonisch wurden.

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Alberto Giacometti porträtiert von Franz Hubmann.
Foto: Franz Hubmann/ imagno/picturedesk.com

Auch wenn von Hubmanns Bildern nur wenige in den Rang von Klassikern aufstiegen, der Blick auf das Wesentliche überzeugt noch Jahrzehnte nach ihrer Entstehung. Neben Auftragsarbeiten für die 1954 gegründete Wiener Kulturzeitschrift magnum, deren Erscheinungsbild von Hubmann maßgeblich geprägt wurde, kamen viele der Fotos auf Initiative des Galeristen Helmut Klewan zustande, der erst in Wien, dann in München rund ein Dutzend österreichische Künstler (Lassnig, Attersee, Pichler ...) unter Vertrag hatte.

Schenkung an Albertina

Als Klewan 1999 seine Münchner Galerie schloss, nahm er mit einer Ausstellung von Hubmanns Künstlerporträts Abschied. Klewan war es auch, der durch seine Schenkung an die Albertina die jetzige Ausstellung ermöglichte. Sie ist gleichermaßen den Protagonisten der Wiener wie der Pariser Kunstszene gewidmet. Kaum wiederzuerkennen schaut ein trüber Arnulf Rainer da in die Kamera oder sitzt Albert Paris Gütersloh mit fantastisch funkelnden Augen hinterm Kaffeehaustisch. Unheimlich und markant der junge Hermann Nitsch, zugänglicher Fritz Wotruba. Menschenkenntnis paart sich da mit feinem Witz.

Die meisten der Pariser Künstler porträtierte Hubmann dagegen in den 1950er-Jahren, als er sich für magnum an die Aufgabe machte, die alt gewordenen Avantgardisten vom Anfang des Jahrhunderts zu fotografieren. Er traf Marc Chagall, Max Ernst oder Serge Charchoune in deren Ateliers oder besuchte Pablo Picasso in dessen Villa in Cannes. Picasso posierte voller Routine, während Hubmann auf einen "natürlichen" Moment wartete. Erst als Picassos Galerist auftauchte, gelangen Hubmann einige recht unspektakuläre Schnappschüsse. Manche Menschen kommen eben erst in der Pose zu sich. (Stephan Hilpold, 15.7.2021)