Hunter Biden (51), Sohn des US-amerikanischen Präsidenten, ist nun als Künstler tätig.

Foto: „Artnet, Courtesy of the Artist“

So sehr das Weiße Haus auf einem vermeintlich privaten Nebenschauplatz der Präsidentenfamilie um eine Beruhigung bemüht ist, die Kritik am Umgang mit den neuesten Ambitionen Hunter Bidens will nicht verstummen. Um das laufende Steuerverfahren oder seine teils von Korruptionsvorwürfen begleitete Tätigkeit als Lobbyist und Anwalt geht es dabei nicht. Vielmehr gedenkt der 51-jährige Sohn des US-Präsidenten, seine Brötchen neuerdings als Künstler zu verdienen.

Ein Plan, der Mitte Juni exklusiv über Artnet bekannt wurde. In dem Feature kam auch sein Galerist zu Wort, ein gewisser Georges Bergés, der die Arbeiten des prominenten Autodidakten anpries: Sie hätten eine "Authentizität, die ich bei vielen Künstlern sehe", beispielhaft etwa bei "(Lucien) Freud oder (Francis) Bacon".

Gunst für Kunst?

Für den Oktober wurde eine erste Soloshow samt begleitender Auktion in der New Yorker Galerie angekündigt. Die veranschlagten Verkaufspreise bezifferte Bergés mit 75.000 bis 500.000 US-Dollar: eine Größenordnung, die bei einem Ausstellungsdebüt wohl nur in einem Promibonus ihre Rechtfertigung findet.

Um etwaige Interessenkonflikte zu den Amtsgeschäften seines Vaters zu vermeiden, nahm sich eine Ethikkommission der Angelegenheit an. Ergebnis: Der Galerist werde die Werke verkaufen, jedoch sämtliche Informationen sowie die Identität der Käufer gegenüber Hunter Biden geheim halten. Zeitgleich würden verdächtig erscheinende Angebote abgelehnt.

"Untitled #1" (2020): ein Selbstporträt des studierten Juristen
Foto: „Georges Bergès Gallery, Courtesy of the artist“

Laut Jen Psaki, Pressesprecherin des Weißen Hauses, sei damit gewährleistet, dass sich niemand über den Kauf der Kunstwerke die Gunst des US-Präsidenten erschleichen könne.

Unverschämte Preise

Kritiker sehen das anders und monieren die mit diesem Arrangement verknüpfte fehlende Transparenz. Statt offen zu legen, wer solche "unverschämten Summen" für Bidens Kunstwerke bezahlt, damit man überwachen könne, ob Käufer Zugang zur Regierung erhalten, werde nun sichergestellt, dass "wir nie erfahren werden, wer sie sind", kritisierte Walter Shaub, Ethik-Chef unter Präsident Barack Obama, via Twitter.

Ohne die Unterzeichnung einer Geheimhaltungsvereinbarung zu verlangen, könnten Käufer den Erwerb eines Hunter-Gemäldes zudem jederzeit und auch später öffentlich machen. Die Durchsetzung ethischer Standards könnte sich in diesem Fall schwierig gestalten.

Dubiose Berlin-Niederlassung

Bleibt die Frage der Vertrauenswürdigkeit des Galeristen, der vergangenes Jahr mit Plänen für eine Ausstellung mit Werken Sylvester Stallones von sich reden machte, die jedoch nie stattfand. Sie sollte sowohl in New York als auch in seiner Niederlassung in Berlin zu sehen sein.

Allein: Eine Niederlassung in Berlin gibt es nicht, wiewohl auf Bergés Website ein Standort im Stadtteil Pankow aufscheint. Tatsächlich residiert dort eine deutsche Galerie, bei der sich Bergés einige Monate auf Kommissionsbasis eingemietet hatte. Die Kooperation wurde im Oktober 2020 erfolglos beendet, wie man dem STANDARD in einem Telefonat bestätigt. (Olga Kronsteiner, 25.7.2021)