Die vier Verdächtigen in der Tatnacht mit Leonie

Frankreich, Italien, am Balkan: Der flüchtige Hauptverdächtige im Fall Leonie war von den Ermittlungsbehörden an einigen Orten vermutet worden. Dass er schlussendlich in London festgenommen wurde, war dann doch eine Überraschung – auch, weil nach dem Brexit die Einreise nach Großbritannien doch riskanter ist als der innereuropäische Grenzübertritt. Für die Zielfahnder des Bundeskriminalamts ist die Festnahme jedenfalls ein großer Erfolg: "Zubaj", wie der Verdächtige von seinen Freunden genannt wird, wurde zuvor von anderen Beschuldigten und Zeugen schwer belastet.

Er soll im Kriminalfall rund um den Tod der 13-jährigen Leonie, der Ende Juni Österreich erschütterte, eine Hauptrolle gespielt haben. Die anderen Beschuldigten gaben an, dass "Zubaj" dem Mädchen Drogen verabreicht, es ausgezogen und dann als Erster vergewaltigt hatte. Er soll Leonie außerdem auf jenem Grünstreifen abgelegt haben, auf dem sie schließlich tot aufgefunden wurde. Ermittelt wird wegen "Vergewaltigung mit Todesfolge", drei weitere Verdächtige sitzen in Untersuchungshaft – es gilt die Unschuldsvermutung.

Flix-Busse und Züge kontrolliert

Ihre Angaben variieren, naturgemäß schieben sich die Beteiligten gegenseitig die Schuld zu. Die Flucht aus Wien dürfte "Zubaj" aber nachteilig ausgelegt werden. Laut eines Zeugen ließ er sich rasch nach der Tat Geld von einem Cousin liefern, danach setzte er sich Richtung Frankreich ab. Schnell hatten Zielfahnder bereits Bahnhöfe und Flix-Busse mit der Destination Italien abgesucht; danach einen Europäischen Haftbefehl ausgestellt.

Wie die Zielfahnder ihn nun in London entdeckt haben, ist derzeit nicht bekannt. Er dürfte bei der Flucht Hilfe anderer Afghanen bekommen haben; zurzeit läuft ein Auslieferungsverfahren. Der Verdächtige hatte seine Aufenthaltsberechtigung in Österreich schon am 19.6.2019 verloren; war aber nicht abgeschoben worden. Bei den anderen Verdächtigen ist das ähnlich.

Deshalb hat Leonies Familie über ihren Anwalt Florian Höllwarth nun eine Amtshaftungsklage angekündigt. Da die Verdächtigen schon zuvor auffällig waren, hätten sie eine "Bedrohung" für die österreichische Bevölkerung dargestellt, argumentiert Höllwarth. (fsc, 31.7.2021)