Mit einer Körperlänge von bis zu 4,2 Zentimetern ist die Rotstirnige Dolchwespe (Megascolia maculata) die größte Wespenart Europas. In der Mittelmeerregion ist die Art, die ihren deutschen Namen der auffälligen gelb-rötlichen Färbung des Kopfes verdankt, weit verbreitet. In Österreich ist die Rotstirnige Dolchwespe dagegen eine Rarität: Ende des 19. Jahrhunderts wurde sie vereinzelt in Wien und Niederösterreich nachgewiesen – zuletzt 1893. Seither galt das Insekt in diesen Breiten als verschwunden.

Foto: Sabine Schoder

In den vergangenen Jahren mehrten sich in Ostösterreich wieder Berichte über Sichtungen der Spezies, ein Nachweis blieb jedoch aus. Diesen konnten Biologinnen des Naturhistorischen Museums Wien (NHM) nun erbringen: In einem Garten in Hohenau an der March, dessen Besitzer schon 2019 eine mögliche Sichtung gemeldet hatte, konnte die Rotstirnige Dolchwespe nun eindeutig identifiziert werden. "Der Osten Österreichs beherbergt viele wärmebegünstigte Standorte. Auch die warmen Sommer der letzten Jahre begünstigen die Ausbreitung von Arten aus dem Süden in österreichischen Regionen", sagte Dominique Zimmermann vom NHM.

Einzelgängerische Parasiten

Die Wespen sind Einzelgänger, sie bilden also keine Völker und versorgen ihren Nachwuchs einzeln. Sie bevorzugen trockenwarme Biotope und kommen vor allem im Süden Europas vor, etwa in Italien und Griechenland. Die Weibchen besitzen einen Stachel, sind aber friedlich und nicht stechfreudig – es sei denn, man ist eine Nashornkäferlarve: Denn die Aufzucht der Dolchwespen verläuft parasitisch. Vorzugsweise Engerlinge der Nashornkäfer (Oryctes nasicornis) werden in einer eher grausigen Prozedur zu Wirten für die Wespenlarven gemacht.

Foto: Günter Gaß

Nach der Begattung begeben sich die weiblichen Wespen auf die Suche nach den Käferlarven, Forscher nehmen an, dass sie ihre Opfer durch Signalstoffe orten können. Einmal entdeckt, werden die Larven attackiert, gestochen und mit Gift paralysiert. Dann wird ein Ei auf der Larve abgelegt, und zwar so, dass sich der Wespennachwuchs sofort nach dem Schlüpfen mit dem Kopf in den Engerling bohren und diesen aussaugen kann.

Nektarliebhaberin

Drei Häutungen und eine Überwinterung später ist die neue Rotstirnige Dolchwespe dann startklar – und fortan vegetarisch unterwegs: Die ausgewachsenen Insekten sind Nektarfresser und bevorzugen blaue und rotblaue Blüten verschiedener Pflanzenfamilien.

Um die neuerliche Ausbreitung der Wespenart in Österreich besser abschätzen zu können, freuen sich die Forscherinnen um Dominique Zimmermann über Meldungen möglicher Sichtungen mit Fotos und Angaben zum Fundort, eine Kontaktadresse gibt es unter diesem Link. (dare, 19.8.2021)