Die Pause währte nur kurz. Nach wenigen Wochen sommerbedingter Unterbrechung gibt es in Österreich wieder eine Debatte über die Frage, wie viel Druck auf Arbeitslose ausgeübt werden soll. Dafür gesorgt hat ein Vorstoß von AMS-Chef Johannes Kopf, der die Zuverdienstmöglichkeiten für Arbeitssuchende abschaffen oder stark einschränken will.

Es gibt in Österreich 112.000 beim AMS gemeldete offene Stellen.
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Solche Debatten sind legitim. Es gibt im Land 112.000 beim AMS gemeldete offene Stellen, was ein Rekordwert ist. Nun hat zwar nicht jedes Unternehmen, das laut über Arbeitskräftemangel jammert, ein echtes Problem. Ein Bäcker kann jederzeit mehr zahlen, wenn er keine Beschäftigten findet. Doch gibt es Betriebe, die in echten Schwierigkeiten stecken: sei es, weil in ihrer Region Arbeitnehmer fehlen und Arbeitslose nicht den weiten Weg oder einen Umzug auf sich nehmen wollen, sei es, weil Unternehmer zwar mehr zahlen würden, als der Kollektivvertrag vorsieht, aber wirtschaftliche Gründe dieses Plus begrenzen. Damit bleibt Arbeitslosigkeit mit geringfügigem Nebenverdienst interessanter für Bewerber.

Anreize für den Arbeitsmarkt

Nicht besetzte Stellen sind nicht nur ein Problem für betroffene Firmen. Jeder nicht gebaute Halbleiter bedeutet weniger Einkommen und damit weniger Wohlstand. Die geringfügige Zuverdienstmöglichkeit zum AMS-Geld zu streichen könnte daher etwas bringen. Demgegenüber gibt es aber auch gute Argumente dagegen. Wenn Arbeitssuchende sich etwas dazuverdienen, schafft das für sie Struktur im Alltag. Das wirkt stabilisierend für Betroffene.

Über richtige und falsche Anreize für den Arbeitsmarkt lässt sich also diskutieren. Das Problem ist, dass in Österreich solche Debatten über Anreize so geführt werden, dass es bei Arbeitslosen – und Sozialhilfeempfängern – immer um mehr Druck und bei Unternehmen immer um mehr Hilfe geht.

Dabei wäre anderswo die vermutlich größere Baustelle. Obwohl viele Jobs unbesetzt bleiben, ermöglicht die türkis-grüne Koalition vielen Betrieben weiterhin, ihre Mitarbeiter auf Kurzarbeit zu schicken, ohne einen Beitrag zu zahlen. Darauf hatten vor allem Unternehmen aus der Stadthotellerie gedrängt. Im Mai, neuere Zahlen gibt es nicht, waren 177.000 Menschen in Kurzarbeit. Auch wenn es jetzt viel weniger sind, werden hier auf Wunsch einer einflussreichen Unternehmensgruppe tausende Arbeitnehmer de facto davon abgehalten, sich etwas Neues zu suchen. Vielleicht sollten wir zuerst darüber reden. (András Szigetvari, 26.8.2021)