Immer mehr Passagiere ignorieren die Maskenpflicht an Bord oder randalieren deswegen.

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Vor der Pandemie meldete die US-Luftfahrtbehörde FAA jährlich rund 100 bis 150 Fälle von "Unruly Passengers", also heftigem Fehlverhalten von Passagieren an Bord, das zumeist auch strafrechtlich verfolgt wurde. Doch bis Mai 2021 kam es trotz geringen Passagieraufkommens bereits zu 395 solchen justiziablen Fällen von Raserei an Bord, wie unter anderem das Branchenmagazin "Business Traveller'" berichtet.

Fälle verzehnfacht

Alle Vorfälle zusammen, die der FAA gemeldet wurden (von einfacher verbaler Beleidigung bis hin zu tätlichen Angriff auf Personen), ergaben im ersten Halbjahr 2021 sogar das Zehnfache. Fast 2500 Fälle ließen sich auf Auseinandersetzungen mit Maskenverweigerern zurückführen. Das bereitet auch der Agentur der Europäischen Union für Flugsicherheit (Easa) zunehmend Sorgen. So berichtet die Easa, dass mittlerweile in 70 Prozent aller Konflikte physische Gewalt angewendet wird. In den USA wurden bereits 900 Passagieren Flugverbot erteilt, und seit Anfang 2021 auch rund 700.000 US-Dollar an Geldstrafen gegen Schläger verhängt.

Rekordstrafen

In negativer Erinnerung geblieben ist unter den vielen Fällen ein alkoholisierter Fluggast im Dezember 2020, der sich trotz mehrmaliger Aufforderungen keine Maske aufsetzte. Zuerst griff der Mann die Crew und den Sitznachbarn an. Er wurde nach der Landung von der Polizei abgeführt und erhielt eine Geldbuße von 21.500 US-Dollar. Erst vor wenigen Wochen musste eine Passagierin in den USA 18.500 US-Dollar Strafe bezahlen. Sie war mit einer lauten Reisegruppe in Feierlaune unterwegs, ignorierte sowohl die Anschnall- als auch die Maskenpflicht und pöbelte Mitreisen an. Das Flugzeug kehrte zum Gate zurück. Als die Randaliererin den Flieger verlassen musste, versetzte sie der Frau vor ihr, einer Mutter mit Kleinkind auf dem Schoß, einen Faustschlag auf den Hinterkopf.

Null-Toleranz-Politik

Die Zunahme von Gewalt auf Flügen bestätigt auch der Internationale Luftverkehrsverband (Iata). Die Iata verfolgt zusammen mit den Luftfahrt- und Sicherheitsbehörden eine Null-Toleranz-Politik und kritisiert, dass immer noch nicht alle Staaten das Montreal-Protokoll von 2014 ratifiziert haben, das eine weltweit einheitliche Verfolgung von solchen Fällen ermöglicht.

Vor Corona konnte sich die Luftfahrtbranche sogar über eine stetige Abnahme von solchen Vorfällen freuen, und das bei steigenden Passagierzahlen. 2015 war der Negativ-Rekord mit weltweit fast 11.000 Fällen von sogenannter Air Rage bei 3,5 Milliarden Passagieren erreicht. Als 2017 erstmals über vier Milliarden Menschen flogen, wurden nur mehr 8731 Vorfälle verzeichnet. Manche Maskenverweigerer werden vermutlich noch länger über den Wolken "in die Luft gehen", denn die Tragepflicht bleibt vorerst.

Maskenpflicht verlängert

Ursprünglich sollte in den USA die Maskenpflicht für Flüge und in öffentlichen Verkehrsmitteln am 13. September auslaufen. Wegen der sich schnell ausbreitenden Delta-Variante wurde die Pflicht nun bis Anfang nächsten Jahres verlängert. Die US-Regelung könnte auch ein Hinweis darauf sein, wie lange Passagiere weltweit mit der Maskenpflicht auf Flügen rechnen müssen: Aktueller Stichtag für das Fallen der Masken im Flieger ist der 18. Jänner 2022. (red, 27.8.2021)