Wer schon einmal mikroskopiert hat, mag die Faszination live erfahren haben: Mithilfe von immer besser werdenden Geräten erhält man Einblicke in eine Welt, die einem im Alltag meist kaum bewusst ist. Was wimmelt in der Wasserlacke? Wie setzt sich ein zartes Zwiebelhäutchen zusammen?

Viele Lebenswissenschaften befassen sich auf mikro- oder sogar molekularbiologischem Niveau mit spezifischen Vorgängen, aber auch Amateurinnen und Amateure wagen gern einen Blick ins Vergrößerungsglas. Beim "Nikon Small World in Motion"-Wettbewerb des Kamera- und Mikroskopherstellers werden seit zehn Jahren regelmäßig die besten mikroskopischen Videoschnipsel ausgezeichnet – unter den Einreichenden sind einmal mehr etliche Forschende, aber auch der eine oder die andere Fachfremde.

Aus aktuellem Anlass sei das Video zweier Pariser Virologinnen gezeigt: Es demonstriert, wie bei einer mit Sars-CoV-2 infizierten Mausohr-Fledermaus das Virus bei Gehirnzellen für Zellfusionen und Zelltod (rot) sorgt. Die Aufnahme von Sophie-Marie Aicher und Delphine Planas vom Institut Pasteur ist 20-fach vergrößert.

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Der erste Platz ging in diesem Jahr an das Gewimmel der Mikrofauna, die sich in den Gedärmen von Termiten ansiedelt – im Video wirken die einzelligen Lebewesen aber wesentlich eleganter, als man sich das vielleicht vorstellt. Sie sind notwendig, um Holz und andere pflanzenbasierte Zelluloseformen zu verdauen – damit spielen sie auch eine wichtige Rolle im Kohlenstoffzyklus.

Das Video stammt von Fabian J. Weston von der Organisation "Protist Lab Films" im australischen Sydney, der dafür sogar ein relativ altes Modell – ein Forschungsmikroskop aus den 1970er-Jahren – verwendete, mit zehn- bis 40-fachen Vergrößerungen und polarisiertem Licht. Weil die Einzeller sehr sensibel auf Licht und Sauerstoff reagieren, war es für den Kameramann gar nicht so leicht, ihnen gute Voraussetzungen zum Überleben und Filmen zu bieten: "Das war sehr heikel, und ich musste schnell arbeiten", sagt Weston. Das Video sei "das Resultat von monatelangem praktischem Herumprobieren, vielen Nachforschungen und Beharrlichkeit".

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Diese kleinen Tierchen halten einiges aus: Bärtierchen (Tardigrada) sind dafür bekannt – sogar einen Weltraumaufenthalt überstehen sie dank Dauerstadien ohne Astronautenanzug und können sich anschließend wiederbeleben. Das Video von Martin Kaae Kristiansen aus Aalborg (Dänemark), der auf mehreren Plattformen den Account "My Microscopic World" betreibt, zeigt ein Bärtierchen bei der Fortbewegung. Dabei sind in der zehnfachen Vergrößerung sogar in verschiedenen Farben schillernd die Muskelstränge des Mikroorganismus zu erkennen.

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Wer einmal die Phasen der Zellteilung – bei Mitose und Meiose – lernen musste, mag sich bei diesem Video, das die DNA innerhalb von Zellen während Zellteilung und Zelltod zeigt, daran erinnern. Aufgenommen wurde das Schauspiel in 60-facher Vergrößerung von Dylan T. Burnette von der Vanderbilt University School of Medicine im US-amerikanischen Nashville (Tennessee).

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Einen gefräßigen Wurm filmte Yen Fook Chew im neuseeländischen Woodend: Der Wenigborster der Gattung Chaetogaster hat bereits neun Wasserflöhe (Chydrorus) zu sich genommen und hadert sichtlich mit dem zehnten Exemplar, das er zweimal wieder herauswürgen muss. Sein Mechanismus der Nahrungsaufnahme durch starkes Ansaugen ist vergleichbar mit einem Staubsauger, heißt es.

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Aus dem Bereich der Medizin kommt der zweite Platz: Hier ist ein molekularbiologisch veränderter menschlicher Mikrotumor zu sehen, der Metastasen bildet – ein Prozess, der an Krebs erkrankte Menschen betrifft, den aber sicher ein kleineres Publikum in Videoform gesehen hat. In roter Farbe sind in diesem Zeitraffervideo Blutgefäße zu erkennen, die den wachsenden Tumor (blaue Zellen) versorgen – mit fluoreszierenden Mitteln eingefärbt. Zehn Tage lang wurde alle 15 Minuten ein Bild in zehnfacher Vergrößerung aufgenommen. Zu verdanken ist die Arbeit Stephanie Hachey und Christopher Hughes, die an der Universität von Kalifornien in Irvine in einem molekularbiologischen Labor forschen.

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Leuchtende Schnecken schwimmen an dieser Linse vorbei: Die Meeresbiologin Francesca Strano von der Victoria-Universität in Wellington, Neuseeland, fing in sechsfacher Vergrößerung die "sea slugs" ein, die an kleine Drachen erinnern.

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In diesem beeindruckenden Video nehmen Martina Schaettin und Fabian F. Voigt von der Uni Zürich das Publikum mit auf einen Flug ins Nervensystem eines sieben Tage alten Hühnerembryos. Die leuchtenden Nervenstränge werden dank Lichtscheibenmikroskopie in 0,8- bis 4-facher Vergrößerung sichtbar.

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Fast kommt dieser Film einer Meditation gleich: Er zeigt im Zeitraffer über einen Verlauf von fünf Tagen, wie sich Bacillus subtilis vermehrt und immer weiter ausbreitet. Diese Aufnahme reichte der Evolutionsbiologe Momir Futo vom Ruđer Bošković Institut in Zagreb (Kroatien) ein.

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Platz drei ging an ein Video, das einen wenige Millimeter großen Gemeinen Wasserfloh zeigt, der Jungtiere gebiert. Die Dunkelfeldmikroskopie in vierfacher Vergrößerung stammt von Andrei Savitsky aus Cherkassy in der Ukraine. Ob das letzte Tier es auch noch aus dem Mutterleib geschafft hat, wird leider nicht geklärt – quasi ein Filmchen mit offenem Ende.

Wer noch mehr Videomikroskopie sehen will: Diese Playlist stellt alle diesjährigen Gewinnerinnen und Gewinner sowie etliche lobend erwähnte Einreichungen zusammen. Videos aus den Vorjahren finden sich ebenfalls auf dem Account. (sic, 29.8.2021)

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