Wertsteigerung durch den Träger: Der Sneaker von Michael Jordan wurde 2020 um 615.000 Dollar versteigert.
Foto: TIMOTHY A. CLARY / AFP

PRO:

Wie Sie bestimmt wissen, waren wir einmal Jäger und Sammler. Ich bin froh, dass das mit dem Jagen weniger geworden ist und ich dafür nicht geradestehen muss. Das wäre ein Desaster geworden.

Das Sammeln auf der anderen Seite, das ist eine Leidenschaft, die wir mit ins 21. Jahrhundert gerettet haben. Was man dabei sammelt, ist total wurscht, Hauptsache, es ist einzigartig. Und da kommen die teuren Treter ins Spiel.

Klar tun es auch die Sneaker vom Discounter, aber wo bleibt denn da der Reiz? Die Schuhe sind nicht so viel wert, weil man mit ihnen höher springt oder schneller läuft, sondern weil man die Möglichkeit dazu hat, sie zu besitzen, während andere sie eben nicht besitzen. Zudem sehen sie (zumindest die meisten davon) auch noch schick aus, da freut man sich doppelt. Hinzu kommt noch die Chance auf eine saftige Wertsteigerung. Und wenn sie sich über diese Zeilen noch nicht genug aufgeregt haben, dann Vorsicht: All das trifft auch auf Kunst zu. (Thorben Pollerhof)

KONTRA:

Vorweg: Ich habe noch nie 1.000 Euro für Sneaker ausgegeben. Um ehrlich zu sein, habe ich noch nie so viel für ein Kleidungsstück ausgegeben. Um noch ehrlicher zu sein: Allein beim Gedanken wird mir ein bisschen schwindlig. Was, wenn ich beim Essen patze, und plötzlich ist da ein Fleck? Was, wenn ich stolpere und die Schuhe zerkratze? Was, wenn in der U-Bahn wer draufsteigt?

Sie merken: Ich bin zu arm für 1.000-Euro-Sneaker. Finanziell würde ich den Kauf schaffen, aber mir fehlt die richtige Einstellung. Ich würde die Welt plötzlich nur noch als Gefahr für meine Schuhe sehen. Wer wirklich vermögend ist, denkt sich bei 1.000-Euro-Sneakern wahrscheinlich "Sind doch nur Schuhe!" und schlüpft rein und geht los. Diese Gelassenheit habe ich nicht.

Um die Ehrlichkeit auf die Spitze zu treiben: So gelassen will ich 1.000 Euro nie sehen. Es ist einfach zu viel Geld, um es an meinen Füßen in die dreckige Welt da draußen zu tragen. (Ana Grujic, RONDO, 25.10.2021)