Die Impfpflicht gehöre im Parlament diskutiert, finden die Betreiber hinter den beiden Volksbegehren, jenem dafür und jenem, das dagegen ist.

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Die Eintragungswoche für vier Volksbegehren läuft noch, doch teilweise wurde schon gefeiert: Laut eigenen Angaben haben an den Volksbegehren über die Einführung einer Impfpflicht gegen Covid-19 – eines ist dafür, das andere dagegen – noch vor dem Wochenende über eine Viertelmillion Menschen teilgenommen. Eingebracht wurden die zwei von der "Initiative Gemeinsam Entscheiden" (IGE).

Sie will eine Art Volksentscheid erreichen, wie er etwa in der Schweiz üblich ist. Ähnliches hatte die Initiative mit den beiden Abstimmungen pro beziehungsweise contra Rauchverbot in der Gastronomie im vergangenen Jahr versucht. Insgesamt zählten sie damals 173.792 Unterschriften, das Volksbegehren für den Qualmstopp erhielt am Ende mehr Unterstützungsbekundungen.

Die IGE bezeichnet sich als überparteilich, sie bestehe "aus Menschen unterschiedlicher Berufsgruppen und Konfessionen". Ihr Ziel sei es, Anliegen der Bevölkerung in der Politik Gehör zu verschaffen.

Für die Behandlung eines Volksbegehrens im Nationalrat sind 100.000 Unterschriften nötig. Wie viele der laut Betreibern mehr als 280.000 Unterzeichnerinnen und Unterzeichner auf das Pro- und wie viele auf das Anti-Impfpflicht-Volksbegehren fallen, durfte aus wahlrechtlichen Gründen nicht kommentiert werden – weder vonseiten der IGE noch durch das Innenministerium. Bis inklusive Montag können neben diesen beiden Volksbegehren auch zwei weitere unterschrieben werden: eines zur Beibehaltung der Notstandshilfe und eines mit dem Vorhaben "Kauf Regional".

Hitzige Diskussion

Ihr Projekt jedenfalls "wird am Ende sehr erfolgreich sein, und das freut uns sehr", gab sich einer der IGE-Betreiber, Marcus Hohenecker, am Donnerstag im Gespräch mit dem STANDARD optimistisch: "Und zwar im rechtlichen Sinne erfolgreich: Das Parlament wird sich damit befassen müssen, und zwar weit über das hinaus, was notwendig wäre", kündigte Hohenecker an.

Die Diskussion darüber, wie mit Menschen umgegangen werden soll, die eine Corona-Schutzimpfung ablehnen, hat in den vergangenen Wochen nicht nur in Österreich an Schärfe gewonnen – Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hat eine Impfpflicht für alle Mitarbeiter im Gesundheitswesen verordnet. Italiens Premier Mario Draghi will sie schrittweise einführen. US-Präsident Joe Biden will sie allen Bundesbediensteten vorschreiben.

Politisch unerwünscht

Auch hierzulande ist eine generelle Impfpflicht rein rechtlich laut dem Verfassungsrechtsexperten Heinz Mayer durchaus verfassungskonform. Eine solche existierte in Österreich schon einmal gegen die Pocken, sie wurde nach dem Zweiten Weltkrieg eingeführt und galt bis 1970.

Auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat sich mit einem Urteil im Jahr 2012 – damals ging es um eine verpflichtende Impfung gegen Diphtherie in der Ukraine – dafür ausgesprochen. Für bestimmte Berufsgruppen, etwa Ärztinnen und Ärzte, ist sie bereits Realität – auch gegen andere Krankheiten. Die Regierung hat bisher in der Frage stets abgewinkt, auch wenn sich einzelne Landeshauptmänner durchaus offener zeigten. Momentan gelten für Ungeimpfte nur Einschränkungen über 1G- und 2G-Regeln. (Anna Giulia Fink, 24.9.2021)