Die KPÖ eroberte acht dichtbewohnte innere Bezirke von der ÖVP. Die Volkspartei konnte sich lediglich in neun Bezirken rundherum an der Spitze halten.

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Graz – Nach dem sensationellen Ergebnis der Grazer Gemeinderatswahl vom Sonntag tagen am Montag die Gremien der meisten Parteien, die es ins Rathaus geschafft haben. Beim Wahlsieger KPÖ – Spitzenkandidatin Elke Kahr hat Langzeitbürgermeister Siegfried Nagl (ÖVP) die Mehrheit abgenommen – wird frühestens am Abend beraten: Man warte noch die Auszählung der Briefwahlstimmen ab, hieß es.

Das endgültige Ergebnis inklusive Briefwahlstimmen wird für Montagabend erwartet. Durch die Auszählung der rund 25.000 Wahlkarten könnten sich noch Mandate verschieben.

Die ÖVP hat nach den herben Verlusten und Nagls Rücktrittsankündigung für Montagabend einen Stadtparteivorstand einberufen. Geplant ist die formale Übergabe des Parteivorsitzes an Stadtrat Kurt Hohensinner, der seit Jahren als Nachfolger Nagls gehandelt wird, nun aber überraschend übernehmen muss. Die ÖVP wurde in mehreren Bezirken nicht nur von der KPÖ, sondern auch von den Grünen überholt. Deren Spitzenkandidatin Judith Schwentner führte die Partei, die ihren Wahlkampf ganz auf Klimaschutz und den Ausbau des öffentlichen Verkehrs ausgerichtet hatte, damit zu einem historischen Wahlerfolg. Auffallend niedrig dürfte hingegen die Wahlbeteiligung ausfallen: Ohne die noch nicht ausgezählten Briefwahlstimmen lag sie am Sonntag bei 43,76 Prozent.

Ein schwarzer Ring mit dunkelrotem Kern – so stellt sich Graz nun nach der Bezirksratswahl dar: Die ÖVP, die 2017 noch in allen Bezirken bis auf Gries den ersten Platz belegt hatte, stürzte vor allem in den inneren, dichtbewohnten Bezirken ab, von denen die KPÖ acht erobern konnte.

Die Volkspartei verlor, teils kräftig, in allen 17 Grazer Bezirken. Als Hochburgen blieben ihr lediglich die bürgerlichen, von Villenstrukturen geprägten Bezirke.

Bezirke in dunkelroter Hand

Im Bezirk Innere Stadt hat die KPÖ mit mehr als 32 Prozent klar den ersten Platz von der ÖVP erobert, die dort – nach vorläufigem Ergebnis ohne Briefwahl – auf gerade einmal gut 20 Prozent kommt und sogar hinter die Grünen, die mehr als 22 Prozent schaffen, gefallen ist. Ähnlich das Bild in St. Leonhard: Die Kommunisten schaffen mehr als 31 Prozent, die Grünen mehr als 26 Prozent, die ÖVP stürzte von knapp 34 Prozent (2017) auf gut 23 Prozent ab.

Petra Stuiber analysiert den Wahlsieg der Grazer KPÖ.
DER STANDARD

In Geidorf, einem der Villenbezirke in Graz, fielen die Abstände zwischen den drei Parteien nicht ganz so deutlich aus, aber auch da landeten die Kommunisten vor den Grünen und der ÖVP. Die KPÖ stürzte dort die Volkspartei vom dritten Platz (2017) aus. Auch im Bezirk Jakomini, einem der Bezirke mit dem wenigsten Grünraum zwischen den Häuserblocks, drehte die KPÖ das Ergebnis: Die ÖVP verlor den ersten Platz, die Kommunisten kamen auf mehr als 34 Prozent. Zudem holte die KPÖ die ÖVP in Eggenberg vom ersten Platz. Im Bezirk Wetzelsdorf kam es ebenfalls zu Umwälzungen: Die ÖVP verlor den ersten Platz an die KPÖ, die vom vierten Platz aus (2017) auch die FPÖ und die SPÖ überholte.

Im aufstrebenden Bezirk Lend, der 2017 auch in ÖVP-Hand war, ist das Pendel nun mehr als deutlich in Richtung KPÖ umgeschlagen. Sie holten hier mehr als 33 Prozent, während die ÖVP unter 20 Prozent fiel. Im Bezirk Gries hatten die Kommunisten schon 2017 den ersten Platz errungen. Den haben sie nun mit mehr als 38 Prozent klar abgesichert.

Neun Bezirke weiter in ÖVP-Hand

Der Bezirk Liebenau, eine schwarze Bastion, ist der ÖVP erhalten geblieben, doch sie stürzte hier von mehr als 42 Prozent auf gut 33 Prozent ab. Auch im Bezirk St. Peter konnte die ÖVP ihren ersten Platz verteidigen, verlor aber von fast 44 Prozent mehr als 13 Prozentpunkte und kam nur noch auf gut 30 Prozent. Im Bezirk Waltendorf war das Bild ähnlich: Die ÖVP konnte zwar den ersten Platz halten, verlor aber um die zwölf Prozentpunkte – von mehr als 46 auf nur noch gut 34 Prozent. Im Bezirk Ries im Osten der Stadt verlor die Volkspartei noch deutlicher als in St. Peter und Waltendorf: Sie stürzte von 48 auf 34 Prozent ab. Platz eins konnte damit aber immer noch klar gehalten werden.

Im Bezirk Mariatrost im Nordosten, einem der teuersten Pflaster der Stadt, verlor die ÖVP ähnlich viele Prozentpunkte, blieb aber auch da klar vor den Grünen und der KPÖ. Auch in den Bezirken Andritz im Norden der Landeshauptstadt, Gösting, Straßgang und Puntigam, konnte sich die ÖVP trotz Verlusten an der Spitze halten. (Flora Mory, APA, 27.9.2021)