Facebook steht erneut massiv in der Kritik.

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Facebook muss sich – wieder einmal – vor dem US-Senat verantworten. Diesmal geht es um interne Untersuchungen des Konzerns zur Wirkung von Instagram auf junge Nutzerinnen und Nutzer. Das "Wall Street Journal" hatte zuvor eine Reihe nichtpublizierter Dokumente offengelegt. Der Senat konzentriert sich auf jene, die nahelegen, dass die Plattform schädliche Auswirkungen auf die psychische Gesundheit von Jugendlichen hat. Facebook wird vorgeworfen, die Veröffentlichung von Papieren, die dem Konzern schaden könnten, zurückgehalten zu haben.

Ärger über Nichtbeantwortung

In einer ersten Anhörung an Donnerstag wurde die Sicherheitschefin des Konzerns, Antigone Davis, über zweieinhalb Stunden lang befragt. Mehrfach wurde Facebook dabei mit Tabakkonzernen verglichen. Die Senatoren zeigten sich verärgert darüber, dass Davis Fragen auswich oder diese nur indirekt beantwortete. Zudem vermied sie es, mehr zu sagen als das, was Facebook bereits in einer Stellungnahme auf seiner Webseite zu der Causa veröffentlicht hatte. Die Republikanerin Marsha Blackburn ätzte: "Ich gratuliere Ihnen zu Ihrem perfekt kuratierten Hintergrund." Er wirke wunderschön. "Ich wünschte, die Inhalte, die Sie uns vermitteln, wären genauso attraktiv."

Teilweise wurden enorm kritische Töne angeschlagen: Dem Demokraten Richard Blumenthal zufolge versteckt Facebook seine eigenen Recherchen über Sucht und toxische Effekte seiner Produkte. Facebook habe versucht, "die Öffentlichkeit und uns im Kongress darüber anzulügen, was es weiß". Zudem habe der Konzern "Schwächen von Kindern gegen Kinder ausgenutzt". Der Konzern stelle wirtschaftliches Wachstum über die psychische Gesundheit von Kindern und seine "Gier über das Leid von Kindern".

Facebook bringt "Nudging"-Funktionen

Davis bestand darauf, dass immerhin acht von zehn befragten jungen Menschen angeben, eine neutrale bis positive Erfahrung mit den Apps Facebook und Instagram zu machen. Die Senatoren wiesen hingegen darauf hin, dass laut Facebooks eigenen Daten 13 Prozent aller britischen Jugendlichen und sechs Prozent aller jungen US-Amerikaner, die angeben, Suizidgedanken zu haben, diese direkt auf Instagram zurückführen. Blumenthal gab an, mit seinem Team selbst recherchiert zu haben und innerhalb kürzester Zeit Konten empfohlen bekommen zu haben, die Selbstverletzung und ein gestörtes Essverhalten propagieren.

Davis argumentierte, dass manche Jugendliche auch angegeben hätten, dass positive oder inspirierende Inhalte sie von negativen Themen ablenken könnten, mit denen sie zu kämpfen haben. Daher plane man ein "Nudging"-Feature, bei dem User, die tendenziell negative Inhalte konsumieren, durch positive aufgeheitert werden sollen. Außerdem plane man ein Pause-Feature, bei dem Usern empfohlen wird, ihre Nutzung zeitweise einzustellen, wenn sie schon zu lange in der App waren.

Keine Meinung zu Vorschlag von 2020

Die Senatoren fragten Davis auch nach ihrer Meinung über einen Gesetzesvorschlag, der Schutzmechanismen für Nutzer unter 16 Jahren einführen soll. So dürften Social-Media-Konzerne bei so jungen Usern nicht mehr Follower, Likes und Push-Benachrichtigungen bewerben und müssten grundsätzlich Funktionen beschränken, die eine hohe Nutzung fördern. Der Entwurf wurde bereits im März 2020 erstmals vorgelegt.

Davis wollte dennoch keinen konkreten Kommentar zu dem Gesetzesvorschlag abgeben – man werde diese Frage später beantworten. Der demokratische Senator Ed Markey verwies darauf, dass der Konzern eigentlich über ein Jahr Zeit gehabt habe, um sich eine Meinung zu bilden, und nun stehe Davis doch vor jener Institution, die dem Vorschlag zustimmen müsse. "Ich habe das Gefühl, Verschiebung und Verschleierung sind Facebooks legislative Strategie", ätzte er.

Immer wieder befragt, stets ohne Folgen

Das erste Mal, dass der Konzern vor den US-Senat gezerrt wird, ist das nicht. Seit 2018, damals aufgrund des Datenskandals rund um Cambridge Analytica, bei dem Nutzerdaten zu Wahlkampfzwecken missbraucht wurden, muss Facebook immer wieder zu Anhörungen erscheinen. Gesetze, um den Konzern zu regulieren, gibt es aber bisher trotzdem nicht, wie die Plattform "Wired" anmerkt. Bisher haben sich die Konzerne, beispielsweise wenn es um den Umgang mit Desinformation geht, nach massiver Kritik in Teilen selbst reguliert. Innerhalb der EU sind mit dem Digital Services Act (DSA) und dem Digital Markets Act (DMA) zwei große Gesetzespakete geplant, die sich jeweils mit dem Umgang der Konzerne mit Inhalten (DSA) und mit ihrer Marktmacht (DMA) beschäftigen sollen. Aktuell werden die Maßnahmen im Trilog verhandelt. (muz, 1.10.2021)