Andrés Orozco-Estrada am Pult.

Foto: Julia Wesely

Wien – Auch die Wiener Symphoniker hauen wieder auf die Pauke(n). In der neuen Saison spielt man weit über hundert Konzerte: in kleiner und in großer Formation, in den Wiener Grätzeln und in der weiten Welt. Andrés Orozco-Estrada geht in seiner zweiten Saison als Chefdirigent des Orchesters in die Vollen und dirigiert an die 20 verschiedene Programme. Momentan scheint er das noch zu genießen: Mahlers monumentale dritte Symphonie leitete der 43-Jährige am Donnerstagabend jedenfalls in glückstrahlender Weise.

Profilierte Gestaltung

Der gebürtige Kolumbianer ist als Dirigent ein Energiebündel, ein energischer wie präziser Koordinator. "Kräftig" und "entschieden" wollte Mahler den Kopfsatz seiner Dritten haben, und genau so war er, profiliert gestaltet etwa die Themenzeichnung im Blech. Vulkanisches Brodeln samt giftigen Dämpfen und grellen Blitzen: Alles da in der elementaren Grundstufe alles Seienden, bei der man sich immer sehnlich wünscht, dass jemand einmal ein Drehbuch dazu schreibt und Disney das Ganze verzeichentrickfilmt.

In den Folgesätzen komponiert sich Mahler über Flora und Fauna bis zum Menschen und weiter zu den Engeln empor. Beim Menschen ist es immer am langweiligsten, bei den Engeln ist wenigstens kurz gute Laune.

Es war nur schön

Zum großen Finale des übergroßen Werks hat der geniale Theatraliker eine Ode an die Liebe verfasst. Bei Abbado kann es passieren, dass man bei diesem wundervollen langsamen Satz unvermittelt weinen muss, bei Orozco-Estrada war es nur schön. Man kann nicht alles haben.

Freudvoller Applaus für das Orchester, Solistin Sarah Connolly, die Damen der Wiener Singakademie und die Wiener Sängerknaben im Konzerthaus. (sten, 1.10.2021)