SPÖ-Abgeordnete Julia Herr und Jan Krainer: Weder aus sozialer noch aus ökologischer Sicht sei die Steuerreform gelungen.
Foto: APA / Roland Schlager

Geschenke an die falschen Adressaten, wenige positive Effekte für den Umweltschutz: Es ist ein scharfes Urteil, das die Sozialdemokraten über die türkis-grüne Steuerreform fällen. Sowohl an den umfangreichen Steuersenkungen als auch an den ökologischen Maßnahmen hat die größte Oppositionspartei jede Menge auszusetzen.

Finanzsprecher Jan Krainer beginnt bei den Entlastungen, wobei er diesen Begriff bereits relativiert. Denn: "Es gibt keine nachhaltige Senkung der Lohn- und Einkommensteuer."

Sinn von Lohn- und Einkommensteuersenkungen sei, jene automatischen Steuererhöhungen auszugleichen, die der Staat durch die von der Inflation getriebene kalte Progression Jahr für Jahr lukriert, argumentiert der Parlamentarier. Doch das tue die Regierung nicht im vollen Ausmaß: Während die kalte Progression von 2017 bis 2020 etwa 3,4 bis 3,6 Milliarden ausgemacht habe, umfasse die am Sonntag präsentierte Tarifsenkung der zweiten und dritten Steuerstufe nur 2,4 Milliarden.

Ob man da nicht auch die Senkung des Eingangssteuersatzes aus dem Vorjahr mitrechnen müsse? Ja, räumt Krainer ein, aber dann müsse man im Gegensatz auch die kalte Progression der Jahre 2016 und 2021 einbeziehen. Unterm Strich bleibe eine Lücke.

Geld an die Falschen zurückgezahlt

Das liege auch daran, dass die Regierung einen Teil des Geldes an andere Adressaten verteile, denen dieses nicht gebühre. Krainer meint damit die zumindest 700 Millionen Euro teure Senkung der Körperschaftssteuer, die weder Wachstum noch Jobs bringe. "Die Lohnsteuerzahler finanzieren also diese Senkung der Unternehmenssteuern", urteilt er. Während SPÖ-geführte Regierungen die Besteuerung wenigstens etwas in Richtung Kapital und Vermögen verschoben hätten, weise der Weg damit nun wieder in die Gegenrichtung: "Die Steuerreform macht die Welt ungerechter, als sie bisher war."

Die Senkung dieser Gewinnsteuer sei überdies an keinerlei Klimaschutzziel gebunden, ergänzt Umweltsprecherin Julia Herr. Auch die Landwirtschaft bleibe diesbezüglich außen vor und bekomme sogar noch den günstigen Agrardiesel geboten: "Die ÖVP hat ihre Klientel erfolgreich ausgenommen."

Mieter sollen CO2-Kosten umwälzen dürfen

Für verfehlt hält Herr zwar nicht die Idee der CO2-Bepreisung, sehr wohl aber das konkrete Konstrukt. Für einen Mieter laufe dies auf Strafsteuer ohne ökologischen Effekt hinaus, zumal für den Tausch einer Öl- oder Gasheizung gegen ein klimafreundlicheres System nicht dieser, sondern der Vermieter zuständig ist. Mieter müssten deshalb das Recht bekommen, den CO2-Aufschlag vom Vermieter zurückzuholen.

Generell müsse der CO2-Kostenanteil auf jeder Rechnung angeführt werden, sonst werde sich kein Lenkungseffekt einstellen, sagt Herr: "Und ohne Lenkungseffekt ist alles für den Hugo." Überdies brauche es eine soziale Staffelung für den Ökobonus und einen massiveren Ausbau des öffentlichen Verkehrs: Wenn es keine taugliche Bus- oder Bahnverbindung gibt, werde auch finanzieller Druck nichts bringen.

Die CO2-Bepreisung sei ein Element der Klimapolitik, sagen die beiden Sozialdemokraten, doch die entscheidende Wende sei daraus nie und nimmer zu erwarten. Wolle man die Welt wirklich verbessern, gehe das nur über Ordnungspolitik, sagt Krainer. Soll heißen: Die Neuanschaffung von klimaschädlichen Heizsystemen und Co müsse konsequent verboten werden: "Das geht aber nicht in fünf Jahren, sondern muss über zwei, drei Jahrzehnte laufen." (Gerald John, 6.10.2021)