"Age of Empires 4" erscheint am 28. Oktober.

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Age of Empires 4 ist ein Echtzeitstrategiespiel, das von Fans bereits ungeduldig erwartet wurde. Grund dafür ist nicht zuletzt, dass Publisher Microsoft die Vorgänger der Serie seit Monaten kostenlos im Gamepass-Abo anbietet und daher Lust auf mehr machte: Lust auf bessere Grafik, auf neue Karten, auf innovatives Gameplay – aber bitte ohne zu große Änderungen, denn immerhin waren die Vorgänger ja schon super, so wie sie waren. Geht dieser Spagat auf? Wir meinen: Ja. Bis auf ein paar Wermutstropfen kann Age of Empires 4 im Test überzeugen.

Das Spielprinzip von "Age of Empires"

Wer das Prinzip der Age of Empires-Spiele nicht kennt, dem sei es hier kurz erklärt. Inspiriert von Imperien der Vergangenheit – seien es das britische Empire oder die Mongolen und Dschingis Khan –, bauen die Spieler Völker auf und führen Krieg gegeneinander. Dabei entwickeln sie ein Wirtschaftssystem, trainieren Einheiten und erfinden im Lauf des Spiels stetig neue Technologien. Gewinnen kann man zum Beispiel, indem man die Stadt des feindlichen Spielers dem Erdboden gleichmacht oder die eigene Vormachtstellung durch die Errichtung eines protzigen Weltwunders zementiert.

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Was einfach klingt und in wenigen Worten erklärt ist, das wird bei näherer Betrachtung immer komplexer – und auf Youtube finden sich zahlreiche teils mit mathematischen Formeln unterlegte Erläuterungen dazu, wann man welche Einheit produzieren sollte, um möglichst schnell voranzuschreiten. Zum mittlerweile 22 Jahre alten (!) Age of Empires 2 werden auch im Jahr 2021 nach wie vor E-Sport-Turniere abgehalten.

Tutorials en masse

Ein Grund, sich einschüchtern zu lassen und als Neuling dem Spiel fernzubleiben? Mitnichten. Denn Age of Empires 4 nimmt die Spieler bei der Hand und erklärt ihnen Schritt für Schritt, wie sie zuerst die Grundkenntnisse des Spiels erlernen und dann immer besser werden.

Das beginnt damit, dass Spieler schon gleich nach den diversen Einstellungen zu Barrierefreiheit – es gibt unter anderem Einstellungen zu Untertiteln sowie die Möglichkeit, sich Chats vorlesen zu lassen – in ein Tutorial geschmissen werden. In diesem erleben sie die kurze Geschichte eines vertriebenen Volkes, das zuerst eine eigene Wirtschaft aufbaut und dann das verlorene Land zurückerobert. Die Stimme der Erzählerin führt angenehm in die Atmosphäre des Spiels ein, macht Lust auf mehr und wird sich auch später bei der Kampagne immer wieder melden.

Die verschiedenen "Kunst des Krieges"-Herausforderungen.
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Ist das Tutorial erst einmal durchlaufen und der Feind besiegt, so warten diverse unterschiedliche Spielmodi – darunter etwa "Die Kunst des Krieges", bei dem das eigene Wissen über das Gameplay weiter ausgebaut werden kann. Wer hier besonders schnell zum Beispiel ein Wahrzeichen errichtet oder den Feind besiegt, erhält als Belohnung eine virtuelle Gold-, Silber- oder Bronzemedaille.

Und dann gibt es natürlich einen Menüpunkt, der einen Überblick über die sogenannten "Technologiebäume" der einzelnen spielbaren Völker bietet – denn auch im vierten Teil der Reihe muss das eigene Volk zuerst eine bestimmte Technologie entdecken, bevor diese für diverse Wirtschafts- und Waffensysteme eingesetzt werden kann.

Die Völker in "Age of Empires 4"

Was uns zu einem wichtigen Element von jedem Age of Empires-Spiel bringt: den zu spielenden Völkern. Kam der Klassiker Age of Empires 2 zu Beginn mit 13 unterschiedlichen Zivilisationen daher und zählt durch diverse Erweiterungen nun insgesamt 39 Völker, so wirkt das Line-up von Age of Empires 4 auf den ersten Blick recht ernüchternd. Denn diesmal gibt es zum Start nur acht Völker, nämlich die Engländer, die Chinesen, die Franzosen, das Heilige Römische Reich, die Mongolen, die Rus, das Delhi-Sultanat und die Abbasiden-Dynastie.

Die acht Völker in "Age of Empires 4".
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Ein Grund zum Weinen ist das nicht, denn erstens ist davon auszugehen, dass auch hier mit diversen Erweiterungen weitere Völker hinzugefügt werden. Zweitens unterscheiden sich die acht Völker so extrem in ihrer Spielweise, dass hier nicht allzu schnell Langeweile aufkommen dürfte.

Während sich etwa die Engländer und Franzosen ähnlich spielen wie in vorherigen Spielen der Reihe, so ist das bei anderen Völkern nicht der Fall: Die mobilen Mongolen müssen etwa keine Häuser für ihre Bevölkerung errichten und können das gesamte Lager problemlos an einen anderen Ort bugsieren, beim Heiligen Römischen Reich motivieren Prälate die tüchtigen Arbeiter, und die Abbasiden erreichen mehr, indem sie Gebäude rund um ihr "Haus der Weisheit" positionieren.

Die Kampagnen: Lernen aus der Vergangenheit

Das eigentliche Spiel gliedert sich bei Age of Empires 4 in zwei Teile: Gefechte und Kampagnen. Während bei den Gefechten mindestens zwei Spieler gegeneinander antreten und dieser Teil des Spiels von den Fans in zahlreichen Onlinestunden zelebriert wurde, fristeten die Kampagnen in vorherigen Teilen bestenfalls ein Nischendasein. Hier haben die Entwickler gegengesteuert und bieten in Age of Empires 4 ein beeindruckendes Programm.

Grob gesagt geht es bei den Kampagnen darum, den Aufstieg der diversen Imperien spielerisch mitzuerleben – etwa den Wiederaufbau Moskaus im Jahr 1238 oder die Schlacht von Hastings im Jahr 1066. Auch Dschingis Khan ist ein spielbarer Charakter, mit seinem Reitervolk stürmt man unter anderem die Chinesische Mauer. Die Ereignisse werden für die jeweiligen Völker übersichtlich in einer historischen Timeline dargestellt.

Die Timeline verschafft einen Überblick über die historischen Ereignisse.
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Die Ereignisse werden spielerisch derart umgesetzt, dass nach der Zerstörung Moskaus etwa Feuer gelöscht werden müssen, bevor mit dem Wiederaufbau begonnen werden kann. An anderer Stelle werden Strategien der jeweiligen Feldherren nachgestellt, indem etwa eine Flucht vorgetäuscht und das feindliche Heer somit in die Falle gelockt wird.

Negativ anzumerken ist hier, dass es oft so wirkt, als gäbe es nur einen einzigen Lösungsweg, um zum Ziel zu gelangen – und nur wer diesen wählt, also etwa die Chinesische Mauer auf einem bestimmten Pfad umwandert oder eine gewisse strategische Finte zu einem bestimmten Zeitpunkt anwendet, kommt in der Story weiter.

Wie durchbrechen wir den Schildwall in der Schlacht von Hastings?
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Eine deutliche Verbesserung gegenüber zum Beispiel Age of Empires 3 stellen aber die Zwischensequenzen dar, welche die Geschichte der Kampagnen erzählen. Denn diese wurden nicht bloß animiert, sondern mit Schauspielern vor Ort nachgestellt. So laden sie den Spieler in die Atmosphäre der jeweiligen Epoche ein.

Die Schnittszenen wurden teils vor Ort gedreht.
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Wurden Missionen wiederum erfolgreich abgeschlossen, so erhalten die Spieler als Belohnung weiteres Videomaterial, in welchem Expertinnen und Experten diverse historische Hintergründe erläutern – etwa zum Bau von mittelalterlichen Burgen oder zu den Besonderheiten des mongolischen Pferdes.

Es fühlt sich ein wenig an wie Bildungsfernsehen – aber es macht auch Spaß.
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Die Qualität dieser Videos ist mit jener von professionell produzierten TV-Dokumentationen vergleichbar. Das kann man positiv oder negativ auffassen: Gewiss könnte man auch einfach fernschauen, um sich das entsprechende Wissen anzueignen – aber im Kontext eines Spiels bleibt das Erlernte eventuell besser hängen.

Gefechte: Die Bedeutung von Städten und Terrain

Doch kommen wir zu dem Teil des Spiels, aus dem sich wohl die meisten Menschen Age of Empires 4 herunterladen werden: den Gefechten mit oder gegen die eigenen Freunde. Hier sei angemerkt, dass das Spielkonzept in seinen Grundzügen beibehalten wurde – es gibt aber gewisse Änderungen.

Dazu gehört etwa, dass Terrain auf den nun dreidimensionalen Karten eine größere Bedeutung hat. So können sich Bogenschützen nun auf eine Anhöhe stellen, um von dort auf den Feind zu schießen. Oder man kann Einheiten in Wäldern verstecken, sodass diese einen Überraschungsangriff auf das generische Heer durchführen.

Hinzu kommt die bereits erwähnte Tatsache, dass sich die Völker in Age of Empires 4 jeweils sehr unterschiedlich spielen – und einige von ihnen bauen auf dem Konzept auf, dass Gebäude nahe beieinander stehen müssen, um effizient zu wirtschaften. Das dürfte auch ästhetische Gründe haben. Denn im Gegensatz zu den Vorgängern werden bei Age of Empires 4 Gebäude automatisch durch Gärten ergänzt und mit Straßen verbunden. Dadurch sahen die eigenen Städte im Test zwar nicht ganz so malerisch aus wie in den von Microsoft veröffentlichten Promo-Trailern – hübscher als jene in den Vorgängerspielen sind sie aber allemal.

Meine Abbasiden-Stadt – bitte ignorieren Sie den auf der Straße herumlungernden, untätigen Arbeiter.
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Gefechte: Rohstoffe und Interface

Ähnlich wie bei den Vorgängern startet man auch bei Age of Empires 4 klein, bevor man ein großes Imperium errichtet. So ist man zu Beginn eines jeden Gefechts mit einem Dorfzentrum und einer Handvoll Arbeiter ausgestattet. In der Nähe befindliche Tiere können für Nahrung geschlachtet sowie Beeren gesammelt werden. Nahegelegene Bäume liefern Holz für den Bau der ersten Gebäude, zudem gibt es Stein- und Goldvorkommen. Wenn das Dorf in der Nähe eines Gewässers liegt, können außerdem Fische gefangen werden.

Wie auch bei den Vorgängern können die meisten Völker in Age of Empires 4 Mühlen, Bergwerke und Holzlager errichten, sodass die Arbeiter mit den Rohstoffen nicht den ganzen Weg zurück zum Dorfzentrum schlendern müssen. Wer wiederum einen Entwicklungsschritt voran in ein neues Zeitalter machen möchte, der muss ein entsprechendes Wahrzeichen von seinen Arbeitern errichten lassen. Das erinnert an den dritten Teil der Serie – apropos: Die dort so berüchtigten "Schiffsladungen" wurden für den vierten Teil wieder abgeschafft.

Ansonsten ist das Interface des Spiels recht übersichtlich gehalten. So finden sich alle wichtigen Informationen gesammelt am unteren Bildschirmrand – darunter etwa die derzeit vorhandenen Rohstoffe und die Zahl jener Arbeiter, die aktuell nichts zu tun haben. Auch die möglichen Aktionen einer ausgewählten Einheit finden sich wieder am unteren Bildschirmrand, ebenso wie der Spielplan. Sinnvoll ist nun auch, dass beim Auswählen eines Arbeiters auf einen Blick sichtbar ist, welche Gebäude in welchem Zeitalter errichtet werden können – bis hin zum finalen Weltwunder.

Was ist weniger gelungen?

Das Interface bietet aber auch einen der Kritikpunkte, die vor allem Veteranen der Spielereihe ärgern dürften: Im lauf des Testes war es nicht möglich, die Option zum Anzeigen des Zwischenstands zu aktivieren – also jene Darstellung, bei der ersichtlich ist, wie viele Punkte die jeweiligen Spieler derzeit haben und wie wahrscheinlich sie somit siegreich aus der Schlacht hervorgehen werden. Diese Funktion hätte man ebenso einbauen können wie das "Autospähen"-Feature, mit dem sich Späher selbstständig auf der unentdeckten Karte herumbewegen. Newcomer wird das Fehlen dieser Funktion weniger stören – wer aber (so wie ich) während der vergangenen Lockdowns zahlreiche Nächte mit den Vorgängern verbracht hat, den bringt so etwas auf die Palme.

In diesem Video spielen die Developer ein Match gegeneinander.
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Ein anderer Punkt ist, dass die künstliche Intelligenz ihrem Namen mal mehr, mal weniger gut gerecht wird. So lungerten meine Soldaten oft auf der Karte herum, während der Feind nur wenige Bildschirmzentimeter neben ihnen eine Mühle niederbrannte.

Ebenfalls äußerst abwechslungsreich in ihrer Qualität ist die KI der Computergegner und -verbündeten. So erwiesen sich verbündete KIs in einem Drei-gegen-drei-Match als äußerst konstruktiv: Sie griffen den Feind selbstständig an, errichteten Weltwunder und eilten mir zu Hilfe, als ich selbst angegriffen wurde. Die feindliche KI wiederum sah seelenruhig zu, wie wir unsere Überlegenheit mit einem Weltwunder zum Ausdruck brachten, ohne selbiges anzugreifen. Die besagte Schlacht haben wir haushoch gewonnen – den Sieg hefte ich mir aber nicht auf die eigenen Fahnen, sondern schreibe ihn der Unfähigkeit der Computergegner zu.

In anderen Fällen wiederum machte mir der Gegner ordentlich Feuer unter dem Hintern – was wiederum heißt: Die KI kann durchaus versagen und den Spielspaß trüben, das ist aber eher die Ausnahme als die Regel.

Fazit: Schlaflose Nächte ante portas

Der letzte Teil der Reihe, Age of Empires 3, ist im Jahr 2005 erschienen. Er kam damals nicht an die Qualität des Vorgängers heran und galt lange Zeit als Todesstoß für die einst beliebte Serie – bis jetzt. Denn trotz der abschließend beschriebenen Fehler hat Age of Empires 4 im Test überzeugt und besitzt großes Potenzial, zum nächsten Klassiker des Strategiespiel-Genres zu werden.

Das liegt an der im Vergleich zu den Vorgängern deutlich schöneren Grafik ebenso wie am abwechslungsreichen Spielespaß durch die sehr unterschiedlich gestalteten Völker. Die professionell produzierten Videos verleihen dem Spiel einen Hauch von Bildungsfernsehen, und die Tutorials holen auch Newcomer unterschwellig mit ins Boot. Und außerdem ist das Spiel ab 28. Oktober kostenlos im Gamepass enthalten – und wer diesen abonniert hat, der wird einem geschenkten Gaul wohl nicht ins Maul schauen. (Stefan Mey, 25.1.2021)