David Ellensohn von den Wiener Grünen möchte, dass die Stadt nicht mehr in "Österreich" inseriert.

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Wien – Hunderte Seiten von Chats würden eine "Respektlosigkeit des türkisen Chefs gegenüber der Demokratie" und eine "geradezu feindliche Haltung gegenüber freiem Journalismus" offenbaren. Das schreiben die Hauptstadt-Grünen in einem Antrag, der in der kommenden Gemeinderatssitzung Ende Oktober eingebracht werden soll. Gemeint sind freilich ÖVP-Obmann Sebastian Kurz und die Inseratenaffäre. Das Fazit der grünen Landesgruppe: Die Stadt Wien – namentlich der zuständige rote Stadtrat Peter Hanke – dürfe in der gesamten Mediengruppe "Österreich" kein "einziges Inserat mehr schalten" und zwar "bis die Korruptionsvorwürfe geklärt" sind.

Derzeit würde die Stadt pro Jahr rund vier Millionen Euro in die Tageszeitung "Österreich" stecken, heißt es in dem Antrag der grünen Gemeinderäte David Ellensohn und Martin Margulies. Und weiter: "Keine Inserate für Medien, die – bei aller Unschuldsvermutung – unter dem dringenden Tatverdacht der Korruption und Bestechung stehen." Die Grünen stellen außerdem eine dringliche Anfrage an Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) zu Umfragen, zugekaufter Meinungsfroschung und der Inseratenvergabe der Stadt.

Grüne Ministerien wollen auch künftig inserieren

Aber wie halten es die Grünen in der Bundesregierung eigentlich mit Inseraten in "Österreich"? Auf Anfrage des STANDARD heißt es aus dem Büro von Vizekanzler Werner Kogler (Grüne), dass aktuell zwei breite Kampagnen grüner Ministerien laufen würden. Konkret eine zum neuen Klimaticket für den öffentlichen Verkehr und und eine zum "Sportbonus", mit dem Mitgliedschaften in Sportvereinen gefördert werden. Beide Kampagnen würden auch in der Tageszeitung "Österreich" geschalten. Die Buchungen seien allerdings schon vor Bekanntwerden der Inseratenaffäre erfolgt.

Im Klimaschutzministerium von Ministerin Leonore Gewessler (Grüne) sei in diesem Jahr eine weitere größere Kampagne geplant – auch sie soll in allen Tageszeitungen und somit auch in "Österreich" laufen. "Kampagnen, die für alle Bevölkerungsgruppen relevant sind, werden wir weiterhin in allen Tageszeitungen inserieren", sagt eine Sprecherin Koglers. Die Grünen betonen aber: Es gehe bei den Kampagnen immer um konkrete Sachinformation oder Angebote für Bürgerinnen und Bürger. (Katharina Mittelstaedt, 27.10.2021)