Die Machenschaften, die Kurz und Co zum Verhängnis wurden, sind ein besonders schmutziges Beispiel für die Macht von Netzwerken. So hat sich da wohl eine Runde junger, gut vernetzter Burschen vor einigen Jahren hingesetzt und sich überlegt, wie sie die Macht im Staat übernehmen kann. Und dann haben sie das getan. So verwerflich die Methoden auch sein mögen, sie zeigen auch auf, wie mächtig Netzwerke sein können. Mächtig genug, um es vom Geilomobil ins Bundeskanzleramt zu schaffen.

Wir sprechen im Podcast "Gemeinwohl Geplauder" über die Möglichkeiten von Netzwerken und darüber, was die wesentlichen Elemente davon sind. Das Mindset ist in der Tat ein ganz wesentlicher Faktor. Denn jeder und jede hat ein Netzwerk, egal wie klein – und alle Bekannten in diesem Netzwerk haben wiederum ihr Netzwerk. Wichtig ist, dass man weiß, was man von einem Netzwerk will, und dass man auch etwas anzubieten hat.

Der Weg zum Ziel

Gerade wenn man am Anfang eines Projektes steht, heißt es oft, man solle sich ambitionierte, aber realistische Ziele setzen. Und wie macht man das, wenn man allein im "stillen Kammerl" sitzt und seinen Plan, die Welt zu retten, zu formulieren versucht? Ein guter Tipp ist sicher, vom Ziel auszugehen und erst im zweiten Schritt zu überlegen, wie man über das bestehende Netzwerk dorthin kommen kann.

Moralisch verwerflich, aber Sebastian Kurz hat sich ein Netzwerk aufgebaut, das ihm von großem Nutzen war und ist.
Foto: www.corn.at Heribert CORN/derstandard

Auch das, so patschert und moralisch verwerflich sie sich letztlich auch angestellt haben, haben die erwähnten gut vernetzten Burschen eindrucksvoll vorgemacht. Und ja, in weiterer Folge haben sie Gesetze gebrochen und unethisch gehandelt, um ihr Eigeninteresse zu verfolgen. Diesen Teil sollte man wohl lieber auslassen. Oft werden Netzwerken und Lobbyismus als grundsätzlich schlecht dargestellt und wahrgenommen. Und besagte Buberlpartie hat auch hierzu ihren Teil beigetragen. Aber sie hat auch gezeigt, dass es möglich ist, etwas zu verändern, wenn man nur überzeugt genug ist, dass man das auch erreichen kann.

Netzwerke nutzen

Daher ist es gerade jetzt wichtig, dass sich all jene, die nicht nur egogetrieben sind, sondern im großen Ganzen etwas zum Besseren verändern wollen, sich trauen, ihre Ziele hochzustecken und darauf hinzuarbeiten. Denn viele Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger sind darauf angewiesen, dass gesellschaftliche Innovation über die Macht des Netzwerkens an sie herangetragen wird. So sprach etwa Othmar Karas, Vizepräsident des Europäischen Parlaments, in "Gemeinwohl Geplauder" über die positiven Seiten des Lobbyismus, und Ruth Williams, Generalsekretärin des Verbandes für gemeinnütziges Stiften, machte deutlich, dass Beziehungen ein ganz wesentlicher Faktor in der Akquise von Stiftungsgeldern sind.

In Zeiten, wo es gilt, Pandemie, Klimakatastrophe, Migrationskrise, Überbevölkerung, Bildungsungleichheit und viele weitere gesellschaftliche Herausforderungen zu bekämpfen, lautet unserer These, dass das, was in unserer Politik in einem Negativbeispiel zur Schau gestellt wurde, weitaus mehr positives Potenzial hat. Man muss es nur tun. Also liebe Sozialunternehmer und Sozialunternehmerinnen, liebe Aktivisten und Aktivistinnen, traut euch, eure Netzwerke zu nutzen und die Welt zu verbessern! Denn wenn ein motivierter Netzwerker ohne Ausbildung es schafft, im Alter von 31 Jahren Bundeskanzler zu werden, dann schafft ihr noch viel mehr. (Fabian Scholda, Gregor Ruttner-Vicht, 4.11.2021)