Die Forscher schickten Wellensittiche ins Sprachlabor.

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Obwohl sich Wissenschafter bereits seit geraumer Zeit mit der Dokumentation der oft erstaunlich vielseitigen Lautäußerungen von Tieren beschäftigen, weiß man trotzdem noch "relativ wenig" über deren mögliche Bedeutungen, so die Kognitionsbiologin und Anglistin Theresa Matzinger. Gemeinsam mit ihrem Kollegen Tecumseh Fitch (beide Uni Wien) stellte sie kürzlich in einem Fachartikel Ansätze vor, wie man einer Art "Verständnis" für die tierische Kommunikation näher kommen könnte.

Rätselhafte melodische Muster

"Man weiß eigentlich relativ wenig darüber, wie Tiere Lautäußerungen oder Variationen darin interpretieren", so Matzinger. Tiefe Laute signalisieren meist Größe und Dominanz, hohe eher Unterwürfigkeit. Viel weiter reiche das Wissen aber momentan kaum. Interessant wäre es aber herauszufinden, was "melodische Muster innerhalb der Vokalisationen bedeuten".

Das wirft allerdings viele Fragen auf, die weit über das Aufzeichnen und Kategorisieren von Äußerungen hinaus gehen. Im Fachjournal "Philosophical Transactions of the Royal Society B" formulieren die Wiener Wissenschafter Ideen, wie diese schwierige Aufgabe angegangen werden könnte.

Untersuchungen unter kontrollierten Bedingungen

Dies in der Natur mit all den Nebengeräuschen und Störfaktoren zu untersuchen, indem man Tieren etwa aufgezeichnete Laute vorspielt und deren Reaktion interpretiert, sei zwar interessant, aber praktisch oft nicht durchführbar. Besser gehe dies unter Laborbedingungen, wo die Umstände hinsichtlich Tonhöhe, Silbenlänge, Pausen und Melodie ganz präzise eingestellt, und Reaktionen viel genauer zugeordnet werden können. "Da kann man durchaus auch Melodien verwenden, von denen man nicht bzw. noch nicht weiß, ob sie in den eigenen Vokalisationen der Tiere in dieser Form vorkommen", so Matzinger.

Die Forscherin, die am Institut für Anglistik und Amerikanistik sowie am Department für Kognitionsbiologie der Uni Wien arbeitet, fand vor kurzem heraus, dass Menschen gesprochene Worte besser als eigene Einheiten erkennen, wenn der Redner die letzte Silbe in die Länge zieht. Dies sei höchstwahrscheinlich in allen Sprachen so. Man könne daher davon ausgehen, dass es dafür eine entwicklungsgeschichtliche Basis gibt, die sich in den Gehirnstrukturen widerspiegelt, und letztlich zu ähnlichen Interpretationen des Gehörten führen. Demnach könnte diese oder jene Gemeinsamkeit schon sehr früh Einzug gehalten haben – vielleicht sogar schon in gemeinsamen frühen Landwirbeltier-Vorfahren heutiger Tiere und des Menschen.

Wellensittiche im Sprachlabor

Für die Forscher macht es daher am ehesten Sinn, bei den gemeinsamen Grundfundamenten menschlicher Sprache anzusetzen, und dann abzutesten, wie Tiere darauf reagieren. Das wollte Matzinger, die gerade an der Universität Torun in Polen forscht, an Wellensittichen erproben. Diese wurden trainiert, mit dem Schnabel auf einen Touchscreen zu tippen, wenn sie Worte in einer Kunstsprache, die sie vorher schon einmal gehört hatten, in einem kontinuierlichen Sprachstrom erkannten.

"Bei ihnen ist nämlich auch schon nachgewiesen worden, dass sie verlängerte Silben bei ihren eigenen Gesängen einbauen", so Matzinger. Doch die Vögel taten sich beim Erlernen dieser Aufgabe sehr schwer. Ob auch Wellensittiche bei verlängerten Silben leichter "Wörtern" erkennen, bleibt also weiter offen.

Grundsätzlich ließe sich aber so auf die Verarbeitung von Lautkombinationen durch Tiere rückschließen. Ansetzen sollte man bei Vögeln, wie Papageien, die selbst sprachähnliche Laute produzieren können, aber auch bei Säugetieren, die gut Klänge imitieren können, wie etwa Elefanten. (APA, 6.11.2021)