Was braut sich da zusammen? Die Frage stellt sich angesichts des Waffenfundes, der von der niederösterreichischen Polizei am Dienstag öffentlich gemacht wurde. Im Zuge von Ermittlungen im Neonazi-Milieu stieß sie auf "zwei Maschinengewehre, sechs Maschinenpistolen, ein Sturmgewehr, ein Scharfschützengewehr, Pumpguns, 17 Pistolen beziehungsweise Revolver, 23 Gewehre, 21 sogenannte schießende Kugelschreiber, verschiedene Hieb- und Stichwaffen, Pfeffersprays, Elektroschockgeräte, asiatische Nahkampfwaffen, über 1.200 Kilogramm Munition, eine Handgranate, sieben Rohrbomben sowie 20 Kilogramm Schwarzpulver", wie in der Presseaussendung festgehalten wurde. Bei der Hausdurchsuchung wurden zusätzlich auch NS-Devotionalien einkassiert. Die mutmaßlichen Besitzer, ein im Bezirk Baden wohnhaftes Ehepaar, wurden von den Behörden angezeigt, Untersuchungshaft wurde jedoch nicht gegen sie verhängt.

Der jüngste Waffenfund ist kein Einzelfall. Seit dem Sommer 2019 wurden in Österreich bisher 20 illegale Waffenlager ausgehoben, wie im Blog "Stoppt die Rechten" zu lesen ist, der derartige Funde regelmäßig dokumentiert. Das aktuell ausgehobene Waffenlager ist bereits das dritte, das im Zuge von Ermittlungen gegen ein Netzwerk von Rechtsextremen in Österreich und Deutschland aufflog. Bei einem der Verdächtigen handelt es sich um einen Mann, der bereits in den 1990er-Jahren in der von Gottfried Küssel ins Leben gerufenen "Volkstreuen Außerparlamentarischen Opposition" (Vapo) aktiv war und wegen Wiederbetätigung verurteilt wurde.

NS-Kram und der Tag X

Auch bei anderen Waffenfunden wurden Verbindungen ins rechtsextreme Milieu offensichtlich, auch wenn sich die Besitzer und Besitzerinnen selbst meist als "harmlose Sammler" bezeichnen. Auffällig ist auch: Neben Waffen und NS-Kram werden immer wieder Drogen von den Behörden bei ihren Razzien beschlagnahmt.

Waffen gehören zur rechtsextremen Szene, sie passen zu ihrer militärisch geprägten Weltsicht, in der ständig auch ein kommender Bürgerkrieg an die Wand gemalt wird. Vor einem möglichen Bürgerkrieg warnte auch der damalige FPÖ-Parteichef Heinz-Christian Strache, als er im Jahr 2016 in einer Rede gegen Angela Merkel und ihre Politik gegenüber Geflüchteten polemisierte.

Zusätzlich wird in der Szene auch mit Waffen gehandelt – oder sie werden für den "Tag X" gebunkert. Für jenen Tag, an dem Rechtsextreme mit ihren Feinden und den politischen Gegnern "abrechnen" können. Für diese in der Szene stark verbreitete Fantasie werden Waffen besorgt, Feindlisten angelegt, und es wird trainiert.

Hochverrat und nationalsozialistische Wiederbetätigung

Wie verbreitet diese Gedankenspiele sind, zeigte sich im Februar dieses Jahres, als Mitglieder der Europäischen Aktion (EA) in Wien vor Gericht standen. Die Anklage lautet auf Vorbereitung eines Hochverrats und nationalsozialistische Wiederbetätigung, bei einem Strafrahmen von zehn bis zwanzig Jahren. Die Staatsanwaltschaft warf den angeklagten EA-Mitgliedern vor, den Aufbau einer "Europäischen Befreiungsarmee" geplant zu haben, die einen bewaffneten Untergrundkampf führen und "Kommandounternehmen" gegen als Volksverräter bezeichnete Politiker ausführen sollte. Die Staatsanwaltschaft ging davon aus, dass damit Tötungen gemeint waren.

Der Gerichtprozess endete mit Schuldsprüchen wegen Wiederbetätigung. Von der Vorbereitung zum Hochverrat wurden sie jedoch freigesprochen. Für zwei EA-Aktivisten setzte es jeweils fünf Jahre Haft. Sie bekamen jedoch vier Jahre auf Bewährung nachgesehen und müssten damit bei Rechtskraft der Entscheidung nur ein Jahr absitzen. Ein weiteres EA-Mitglied, der eine Zeitlang als "Gebietsleiter Tirol" fungiert hatte, bekam drei Jahre bedingt, der ehemalige "Stützpunktleiter Weinviertel" vier Jahre bedingt. Ein Man wurde freigesprochen.

Zwei Mitglieder starben

Es sind milde Urteile, da die Staatsanwaltschaft den Angeklagten zubilligte, nicht die führenden Proponenten der Gruppierung gewesen zu sein, deren Wurzeln in der Schweiz lagen. Die Köpfe der österreichischen EA sind nicht mehr am Leben. Hans B., der als "Landesleiter Österreich" fungierte, ist im August 2018 77-jährig an einem Herzleiden in der Justizanstalt Wien-Josefstadt verstorben, wo er sich seit Dezember 2016 in U-Haft befunden hatte. Der vormalige "Gebietsleiter Wien", gegen den auch ermittelt wurde, ist ebenfalls bereits tot. Insgesamt konnte die Gruppe in Österreich ein knappes Dutzend Mitglieder gewinnen.

Aufnahme vom Prozess gegen Mitglieder der Europäischen Aktion.
Foto: APA

Vor Gericht war während des dreitägigen Prozesses von den Verteidigern viel zu hören. Etwa dass einer der Angeklagten SPÖ-Mitglied war, ein anderer lediglich "Hilfsdienste geleistet" habe. Einer der Männer führte auch sein jugendliches Alter ins Treffen, und sein Anwalt ergänzte, er sei der "Welpe" und Hans B. für ihn ein "netter Ersatzopa" gewesen.

Internationale Verbindungen waren hingen kein Thema. Dabei war die ursprünglich vom Schweizer Holocaust-Leugner Bernhard Schaub gegründete EA in mehreren europäischen Ländern, vor allem aber im deutschsprachigen Raum aktiv. Vor Gericht landeten nur in Österreich lebende EA-Mitglieder, Ermittlungen in anderen Ländern schliefen wieder ein. Auch über Bekanntschaften, Aktivitäten und Waffen wurde während des Prozesses kaum geredet.

Broschüre zeigt Netzwerk und nennt Verbindungen zu FPÖ

Einen Einblick in dieses Beziehungsgeflecht liefert aber die vor wenigen Tagen erschienene Broschüre "Die Europäische Aktion vor Gericht" nach, die kostenlos im Netz zum Download bereitsteht. Die Autoren und Autorinnen verstehen ihre Arbeit auch als Antwort darauf, dass "der Prozess für keinerlei Aufklärung rund um die europaweite Vernetzung der neonazistischen Organisation sorgte. Selbst die weitreichenden Verstrickungen in Österreich wurden lediglich gestreift", so Mahriah Zimmermann in ihrem Beitrag. Zimmermann hat gemeinsam mit anderen den ganzen Prozess für "Prozessreport" beobachtet, ein Kollektiv, das Gerichtsprozesse beobachtet und dokumentiert.

Der Verein Prozessreport hat auch die Broschüre herausgegeben. Und darin finden sich nicht nur Informationen über die Verbindungen von EA-Mitgliedern zur FPÖ, sondern es wird auch das Netzwerk der EA in Deutschland, der Schweiz und Ungarn nachgezeichnet. Damit liefert die Broschüre Antworten auf Fragen, die im Prozess teilweise erst gar nicht gestellt wurden und auch nicht in Medienberichten über den Prozess zu lesen waren. (Markus Sulzbacher, 12.11.2021)