Wolfgang Joop, hier 2007 mit Margarita Mathiopoulos.
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Berlin – Modedesigner Wolfgang Joop hat sich nach scharfer Kritik an seinen Interview-Äußerungen zum früheren Umgang mit Models entschuldigt. "Meine Aussage bezüglich der Sünde in der Modewelt war im Kontext deplatziert", schrieb der 76-Jährige in einem am Sonntagabend veröffentlichten Beitrag bei Facebook und Instagram. Für seine Wortwahl im Gespräch mit dem Nachrichtenmagazin "Spiegel" wolle er sich bei all jenen entschuldigen, die dies verärgert oder verletzt habe.

Ihm sei wichtig zu betonen, dass er "jegliche Form von Machtmissbrauch und Gewalt damals wie auch heute zutiefst ablehne". In dem am Samstag erschienenen "Spiegel"-Interview hatte Joop gesagt, er habe bei Karl Lagerfelds Tod geweint, weil damals eine Ära zu Ende gegangen sei und "diese Welt so wunderbar frivol und frigide war. Alles war käuflich. Die Agenturen gaben die Schlüssel zu den Zimmern der Models, die nicht so viel Geld brachten, an reiche Männer. Und wenn sich ein Mädchen beschwerte, hieß es: Wir können auch auf dich verzichten."

Auf die Entgegnung, dass dies doch fürchterlich sei, antwortete Joop: "Ja. Aber wirklich schön ist die Modewelt nur, wenn es auch die Sünde gibt." In seiner Entschuldigung erklärte Joop nun, er habe mit drastischen Worten "auf die Korruption und Frivolität der Siebziger- und Achtzigerjahre der Branche" hingewiesen. Deren Bestandteil sei "bedauerlicherweise auch der respektlose und missbräuchliche Umgang mit Models" gewesen.

Kritik auf Twitter

Am Wochenende war massive Kritik an den Äußerungen Joops geäußert worden: Als "Verherrlichung von Gewalt und Demütigung von Frauen" bezeichnete etwa Die Grünen-Europaabgeordnete Katrin Langensiepen auf Twitter die Äußerungen. Eine andere Twitter-Userin kommentierte: "Ich bin gerade sprachlos. Diese Frauen wurden sexuell missbraucht und ausgebeutet und dieser Mensch spricht von 'Sünde', als ob das sexy wäre?" Noch weiter ging ein anderer Nutzer: "Spätestens jetzt wäre Zeit für einen Staatsanwalt, mit Ermittlungen zu beginnen." Und eine weitere Nutzerin fragte mit Blick auf Joop: "Macht der sich nicht mindestens als Mitwisser auch strafbar mit solchen Aussagen? Unerträglich!"

Missbrauchsskandal um Agenturchef

Die Aussagen Joops kommen zu einem Zeitpunkt, zu dem einige Protagonistinnen der Modebranche Missbrauchsfälle aus den Achtziger- und Neunzigerjahren öffentlich machen: In Paris beschäftigt ein prominenter Missbrauchsskandal die französischen Gerichte sowie die Modeszene. Im Zentrum der Vorwürfe steht der 71-jährige Gérald Marie, ehemaliger Europachef der prestigeträchtigen Modelagentur Élite und Ex-Mann von Topmodel Linda Evangelista. Die Agentur hatte unter anderem Cindy Crawford und Naomi Campbell unter Vertrag. Mehr als ein Dutzend Frauen werfen Gérald Marie sexuellen Missbrauch oder Belästigungen vor. Viele der mutmaßlichen Missbrauchsfälle sind nach französischem Recht verjährt. Die Models hoffen, dass sich ein Opfer meldet, in dessen Fall die Vergehen noch nicht verjährt sind. Gérald Marie bestreitet die Vorwürfe. (APA, red, 15.11.2021)