Klare Bilder, radikal offen: "Wheel of Fortune and Fantasy".

Neopa/Fictive

Zart unterlegt mit Robert Schumanns Klavierstück Von fremden Ländern und Menschen erzählt der japanische Regisseur Ryûsuke Hamaguchi in Wheel of Fortune and Fantasy drei kurze Episoden über die Kraft zufälliger Begegnungen.

Die erste Episode, "Magie (oder etwas weniger Verlässliches)", widmet sich einer Frau, die während einer Taxifahrt ihrer Freundin über die Begegnung mit einem Mann erzählt. In diesem erkennt die Freundin allerdings ihren Ex. Nachdem die Verliebte ausgestiegen ist, ändert die Freundin spontan die Fahrtrichtung und konfrontiert ihn damit.

In Episode zwei, "Offene Tür", finden wir uns in einer Universität wieder. Bei offener Tür wird ein flehender Student von seinem Professor wegen einer nichtbestandenen Prüfung abgewiesen. Der Student setzt daraufhin in einem Akt emotionaler Erpressung seine Geliebte, eine etwas ältere, bereits verheiratete Studentin, auf den Professor an. Eine Honigfalle soll sie sein, doch das Gespräch zwischen Professor und Studentin gewinnt unversehens an Tiefe.

Verwechslung und Rollenspiel

Die letzte Episode ("Noch einmal") spielt in einer utopischen oder dystopischen Gegenwart. Aufgrund eines Computervirus, der private Daten geleakt hat, hat sich die Gesellschaft wieder auf den Briefverkehr besonnen.

Eine Frau begegnet auf einer Rolltreppe einer ehemaligen Geliebten. Doch es handelt sich um eine Verwechslung – auf beiden Seiten. Da nun beide schon da sind, nehmen sie die Verwechslung an und sprechen sich in einem Rollenspiel aus.

Die Bilder sind klar, sauber sogar und zurückgenommen – sie geben den Figuren den Raum, den die radikale Offenheit der Begegnungen einfordert. Einfach, klug und ergreifend, nicht unähnlich der Contes Moraux, wie wir sie von Eric Rohmer kennen, ist das ein durch und durch anregendes Kinoerlebnis. (diva, 18.11.2021)