Während die großen Flugzeugbauer mit Problemen im Passagierbereich kämpfen, floriert das Frachtgeschäft seit Pandemiebeginn.

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Der europäische Flugzeugbauer Airbus räumte diese Woche in Dubai an der ersten Luftfahrtmesse der Covid-Ära ab: Er verbuchte die drei größten Aufträge durch Indigo Partners, Air Lease und Jazeera Airways – insgesamt fast 600 zivile Großraumflugzeuge.

Wenig beachtet, waren darunter sieben Modelle des neuen A350 in der Frachtversion. Airbus hatte diesen A350F (das "F" steht für "freight") erst im Juli lanciert, und zwar ohne die üblichen Vorbestellungen durch Erstkunden. Diese Selbstsicherheit erstaunt auf den ersten Blick, dominiert doch heute der amerikanische Hersteller Boeing den Warentransport durch die Lüfte. Seine Modelle B777 und B767 werden zum Beispiel vom Onlinehändler Amazon verwendet, und in Dubai hat Boeing deren neun an den Spediteur DHL verkauft. Der "Boeing Converted Freighter" (BCF) wird aus älteren Passagierflugzeugen konvertiert. Die Arbeit überlässt der US-Flugzeugbauer meistens Zulieferern in China, Costa Rica, Kanada oder London.

Airbus profitiert davon, dass das Geschäft mit der Luftfracht seit Beginn der Pandemie floriert – ein eklatanter Kontrast zum Sektor der Passagierflugzeuge, der Airbus 2020 rote Zahlen beschert hatte. Zu Beginn der Krise ging es darum, möglichst rasch medizinische Hilfsgüter, Schutzmasken und anderes Schutzmaterial über ganze Kontinente zu transportieren. In den Folgemonaten erwies sich die Luftfracht als Ausweichmöglichkeit, wenn die Schiffswege – etwa durch einen Stau im Suezkanal – oder die Häfen überfüllt waren. In Ländern wie Großbritannien war auch die Zustellung per Lastwagen behindert.

Reedereien steigen ein

Zu solchen konjunkturellen Engpässen kommt die langfristige Zunahme des Onlinehandels mit verderblichen oder wertvollen Produkten – Blumen aus Peru oder Handys aus Korea. Nach den Transporteuren DHL, Fedex oder UPS steigen sogar die großen Schiffsreedereien in die Luftfracht ein: Die dänische Maersk und die französische CMA-CGM haben in den letzten Wochen mehrere B777-Frachter bestellt.

Marktführer Boeing rechnet im Luftfrachtverkehr mit jährlichen Zuwachsraten von vier Prozent. Das ist nicht übertrieben – und weniger als die erwartete Zunahme des Passagierverkehrs: Wie Airbus in Dubai mit Verweis auf eine neue Studie bekanntgab, dürfte die gesamte Branche bis 2040 mehr als 39.000 Flugzeuge produzieren – eine Zahl, die durch die Covid-Krise nur unwesentlich reduziert werden musste und in einzelnen Märkten zweistellige Zuwachsraten beinhaltet.

Teuer und klimaschädlich

Dass die Luftfracht nicht stärker zulegt, hat mit ihren zwei Hauptnachteilen zu tun – den hohen Kosten und dem CO2-Fußabdruck, der wegen des Spritverbrauchs 30-mal höher liegt als beim Schiffstransport. Die Spediteure rechnen damit, dass die Konsumenten an sich bereit wären, für die schnelle Lieferung von Elektronik- und anderen Wertgütern hohe Preise zu zahlen. Die Klimafrage droht allerdings die Rechnung weiter zu verteuern. Seit der Umweltkonferenz von Glasgow ist auch die – seit jeher ausgesetzte – Besteuerung von Kerosin im Gespräch. Ein Ausweg wären Treibstoffe aus Biomasse, doch diese sogenannten SAF ("sustainable aviation fuels") kosten ihrerseits viermal mehr als heutiges Kerosin. Die Bäume des Luftfrachthandels dürften deshalb auf die Dauer nicht in den Himmel wachsen. (Stefan Brändle aus Paris, 19.11.2021)