Politisch war die Entscheidung von Klimaministerin Leonore Gewessler, den Bau des Lobautunnels einzustellen, sicher geschickt. Sie hat in der Koalition Stärke demonstriert und ihre Parteibasis mit grüner Handschrift beglückt.

Klimaministerin Leonore Gewessler hat den Bau des Lobautunnels eingestellt.
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Aber statt als ökologische Weichenstellung könnte sich der Kraftakt als kurzfristiger Aktionismus erweisen. Rechtlich steht ihr Nein auf wackeligen Beinen. Auch wenn Wien und Niederösterreich den Bau vor Gericht nicht erzwingen können, ist das Projekt nur so lange auf Eis gelegt, wie die Grünen das Verkehrsministerium leiten. Für ein endgültiges Aus müsste das Bundesstraßengesetz geändert werden.

Aber das ist nur vorstellbar, wenn Gewessler eine überzeugende Alternative zum Tunnelbau vorlegt. Das hat sie bisher verabsäumt. Es reicht nicht, auf die Klimaziele zu verweisen und den Ausbau des öffentlichen Verkehrs zu versprechen. Für den Lkw-Transit von Nord- nach Südeuropa, der heute mitten durch Wien über die Südosttangente läuft, sind Bahnstrecken keine Alternative. Ein vollständiger Autobahnring, der den Schwerverkehr vom Stadtgebiet fernhält, ist grundsätzlich sinnvoll. Auch Laster mit Wasserstoffantrieb und E-Autos werden in Zukunft Straßen brauchen.

Gewessler hätte mit dem Baustopp gleich einen Plan B mitliefern müssen, zumindest in Grundzügen. So hat sie vielleicht etwas Zeit gewonnen, aber fürs Klima wenig erreicht. (Eric Frey, 2.12.2021)