Der "Sprachkünstler" Lawrence Weiner ermöglichte durch seine Werke im öffentlichen Raum zahlreichen Menschen einen Zugang zu Kunst.

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Jeder Wiener kennt Weiner. Wenige Kunstwerke im öffentlichen Raum haben das Stadtbild so sehr geprägt wie die Wortskulptur "Smashed to pieces in the still of the night / Zerschmettert in Stücke im Frieden der Nacht" des US-Künstlers, die 1991 im Rahmen der Wiener Festwochen auf dem das Haus des Meeres beherbergenden Flakturm im sechsten Bezirk angebracht wurde. Eigentlich als temporäre Intervention gedacht, verblieb das Werk, das bald als antifaschistische Mahnmal gelesen wurde, obwohl das von Weiner ursprünglich nicht so intendiert war, bis 2019 am Turm. Als dieser dann umgebaut wurde, befürchtete Weiner eine Verschandelung seines Werks. Die Entfernung folgte.

Aktuell ist der von Weiner umgearbeitete Schriftzug auf der Feuerwand des Schwanzer-Trakts der Universität für angewandte Kunst Wien in Form einer Projektion zu sehen – auch die Farbigkeit der Lettern unterscheidet sich vom "Original", sodass sie dem neuen Ort gerecht wird. Das ortsspezifische Arbeiten ist eine der Qualitäten, die Weiners Wortskulpturen, die er seit den Siebzigern bevorzugt an Wänden anbrachte, auszeichnen.

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Wichtiger waren aber drei Thesen, die er bereits 1968 als Absichtserklärung niederschrieb: "Der Künstler kann das Werk herstellen. (The artist may construct the piece.)" "Das Werk kann angefertigt werden. (The piece may be fabricated.)" "Das Werk braucht nicht ausgeführt zu werden. (The piece need not be built.) Jede Möglichkeit ist gleichwertig und entspricht der Absicht des Künstlers, die Entscheidung über die Ausführung liegt beim Empfänger zum Zeitpunkt des Empfangs. (Each being equal and consistent with the intent of the artist the decision as to condition rests with the receiver upon the occasion of receivership.)"

Besonders der letzte Punkt – dass bereits die Idee des Künstlers, seine Intention, ein Kunstwerk sein kann – war für die Konzeptkunst prägend. Wichtig war auch das im selben Jahr erschienene Künstlerbuch "Statements", in dem Werke ganz lapidar beschrieben werden und die Beschreibung selbst zum Kunstwerk wird.

Öffentlicher Raum

Weiner wurde 1942 in der New Yorker Bronx als Sohn eines Süßwarenhändlers geboren und arbeitete nach der Highschool in klassischen Blue-Collar-Jobs, zum Beispiel auf einem Öltanker, bevor er nach einer Nordamerika-Reise nach New York zurückkehrte. Im zarten Alter von 19 Jahren verwirklichte er sein erstes, durchaus spektakuläres Werk, "Cratering Pieces". Unerlaubterweise sprengte er einige Krater in einen Park in Kalifornien und erklärte sie zu Skulpturen. Auch im Bereich der Malerei und Videokunst war Weiner tätig, sein Hauptwerk sind aber die als Skulpturen gedachten Schriftzüge, die er in Institutionen auf der ganzen Welt, lieber aber noch im öffentlichen Raum zeigte, um den Menschen Zugang zu Kunst zu ermöglichen.

Weiners Werk wurde in zahlreichen prestigeträchtigen Gruppen- und Einzelausstellungen (vom MOCA in Los Angeles über das Stedelijk Museum Amsterdam bis zum Kunsthaus Bregenz, anno 2016) gezeigt, er ist Preisträger zahlreicher wichtiger Auszeichnungen. Zuletzt hätte er den Oskar-Kokoschka-Preis erhalten sollen, der von der Universität für angewandte Kunst vergeben wird. Er hoffte, zur Preisverleihung anreisen zu können. Die Auszeichnung wird nun posthum vergeben werden müssen. Am Donnerstag ist Weiner im Alter von 79 Jahren gestorben. (abs, 3.12.2021)